
Girls & Schach
Der Wert der KI-Empfehlungen
Gerald Hertneck hat der KI „Perplexitiy“ die Fragen gestellt:
„Wie kann das Schachspiel attraktiver für Frauen und Mädchen gestaltet werden?“ und
„Gründe für den geringen Anteil von Mädchen und Frauen im organisierten Schachsport“
Schauen wir uns an, was die KI dazu geschlussfolgert hat:
Fazit 1
Die Attraktivität des Schachs für Mädchen und Frauen lässt sich durch eine Kombination aus gezielter Förderung, angepassten Materialien, sichtbaren Vorbildern, unterstützenden Gemeinschaften, strukturellen Veränderungen und aktiver Elternarbeit deutlich steigern. Entscheidend ist ein ganzheitlicher Ansatz, der Mädchen und Frauen auf allen Ebenen des organisierten Schachsports anspricht und einbindet.
Fazit 2
Der geringe Anteil von Mädchen und Frauen im organisierten Schachsport ist kein Resultat biologischer Unterschiede, sondern vor allem die Folge von gesellschaftlichen Stereotypen, strukturellen Benachteiligungen, mangelnder Förderung und negativen Erfahrungen im Schachumfeld. Um den Frauenanteil zu erhöhen, sind gezielte Maßnahmen zur Förderung, Sensibilisierung und Schaffung eines sicheren, unterstützenden Umfelds notwendig.
Was ist nun von diesen Schlussfolgerungen zu halten?
Als erstes fiel mir auf, dass die verwendeten Quellen fast ausnahmslos kein Material aus der Wissenschaft enthalten, sondern überwiegend Beiträge von Gruppen, die Partei sind. So wird von den zahlreichen wissenschaftlichen Quellen zur biologischen Komponente keine einzige erwähnt, diese einfach abgestritten. „ist kein Resultat biologischer Unterschiede“. Da das peinliche Thema Menstruation in den Quellen der KI nicht erwähnt wurde, fehlt sogar dieser offensichtliche biologische Unterschied. Das Mädchen sich ganz einfach weniger für Schach interessieren als Jungen – was sich u.a. auch in E-Sports zeigt – wird einfach übergangen. Ich werde auf die wissenschaftliche Seite in # 6 noch näher eingehen.
Einige Punkte wie etwa die „mangelnde Förderung“, die „fehlenden Vorbilder“ oder die „angepassten Materialien“ habe wir schon betrachtet und können wohl annehmen, dass dies, wenn überhaupt, nur teilweise stimmt, keineswegs verallgemeinert werden kann und nur von marginaler Bedeutung ist.
Viele Punkte lesen sich wie der Vortrag eines Politikers, der zwar von den Sachthemen wenig versteht, aber mit blumigen Worten den Eindruck macht, er wisse, was zu tun ist. Bei genauer Betrachtung ist das aber zumeist einfach nur Wischiwaschi. Ein für ein Projekt verantwortlicher Manager, der im entscheidenden Meeting derartiges abliefern würde, könnte wohl seine Sachen packen.
Was heißt „gezielte Förderung“ / „angepasste Materialien“ / „aktive Elternarbeit“ u. dgl.? Schlagworte, die keine wirkliche Lösung darstellen.
Nehmen wir das Beispiel der Materialien.
Was sind „Materialien“? Was heißt „angepasst“?
Wie sieht das aus, wie kann es für Kinder und Teenager gleichermaßen attraktiv gemacht werden?
Was können Inhalte sein, die Mädchen ohne und solche mit Schachkenntnissen gleichermaßen interessieren?
Und ein sehr wichtiger Punkt, an dem alles hängt: Wie soll die Verteilung der Materialien, wenn sie erst einmal erstellt sind, erfolgen? Vermutlich würde nur eine große Auflage in 6- oder 7-stelliger Höhe Wirkung zeigen, wozu ein potenter und kompetenter Partner aus z.B. Fast-Food oder Drinks Industrie unerlässlich wäre, denn nur der könnte das nötige Geld und Knowhow einbringen.
Fragen über Fragen und mit jeder kommen neue auf; Laien machen sich keine Vorstellung, wie komplex die so einfach in den Raum gestellten Aktionen sind, wenn es zu ihrer praktischen Umsetzung kommt.
Die KI unterscheidet auch nicht, was dem Schach als solches und was konkret dem Schachverein hilft. Eine breit gestreute Broschüre z.B. mag das Interesse am Schach anregen, aber inwieweit sie im großen Umfang den Mitgliederzuwachs fördern kann ist nicht ersichtlich. Der Schritt ins Ungewisse, der hohe Zeitaufwand, das Problem, Klubstärke zu erreichen und auf dem Weg dahin viele Niederlagen einzustecken und die dauerhafte Bindung sind eine Hürde, die sich nicht mit ein paar bunten Blättern und einigen flotten Sprüchen überwinden lässt. Generell ist der klassische Verein für junge Leute – und ganz besonders für Girls – nicht übermäßig attraktiv und wird überwiegend von der intrinsischen Motivation zum Schach – die bei Girls offensichtlich viel geringer ist – hochgehalten.
Übertrieben wird auch das Problem des Austritts aus dem Verein gegen Ende der Altersgruppe 7-14 Jahre. Dafür wird den Vereinen die Schuld zugeschoben. Tatsächlich zeigt sich aber, dass auch ein Großteil der Jungen austritt. Mit ca. 58% gegenüber ca. 71% bei den Mädchen ist der Unterschied gar nicht so groß und fällt bei höherer Spielstärke sogar noch geringer aus. Natürliche Umstände sind meist die Ursache, so wie auch andere Hobbies und Sportaktivitäten in einem gewissen Alter aufgegeben werden.
Oder nehmen wir einen Punkt mit mehr menschlichem Anteil:
„Aktive Elternarbeit deutlich steigern“. Und „Eltern sollten über die Vorteile des Schachs und die Fördermöglichkeiten für Mädchen informiert und aktiv eingebunden werden, um Vorurteile abzubauen und Unterstützung zu sichern.“
Was haben wir darunter zu verstehen? Wie soll das in der Praxis vor sich gehen? Welche „Fördermöglichkeiten“ sollen das überhaupt sein?
Selbst wenn wir annehmen, solche Aktionen wären in irgendeiner Form machbar und erfolgversprechend, würde eine große Anzahl von ehrenamtlichen Helfern gebraucht, die zuerst geschult werden müssten. Woher sollen die kommen? Und würde dies die Vorurteile der Mädchen gegen Schachklubs beseitigen und die praktischen Probleme – vor allem auf dem Land – überwinden können?
Es gibt noch weitere Kritikpunkte, aber ich greife nur einen heraus: “ Entscheidend ist ein ganzheitlicher Ansatz, der Mädchen und Frauen auf allen Ebenen des organisierten Schachsports anspricht und einbindet.“
Ein Allgemeinplatz, alle Alters- und Spielstärkeklassen, vom Kind über Teenager zur Frau und von Anfängern zu Meisterinnen sollen gleichzeitig angesprochen werden; in der Praxis unmöglich zu erreichen.
Leider verlassen sich heute viele Menschen auf Aussagen der KI. So hervorragend diese auf bestimmten Gebieten ist, kann sie auf solchen, wo komplexe menschliche Aspekte eine Rolle spielen und wissenschaftliche Quellen einbezogen und korrekt bewertet werden müssen, nur oberflächliches Zeug abliefern und damit gefährliche falsche Eindrücke erwecken.
Der einzige Nutzen, den ich in den beiden KI-Schlussfolgerungen fand, ist das wir bestimmte Punkte gezielt unter die Lupe nehmen und dabei einige falsche Annahmen aufzeigen konnten.
Welche Quellen KI jeweils heranzieht, habe ich noch nicht herausgefunden/bzw. mich noch nicht darum bemüht. Seiten müssen indiziert sein, damit diese herangezogen werden.
Zum Austritt im Kindesalter: Ein Jugendfreund von mir probierte alle Sportarten aus, in schneller Folge. Nahm mich mit zum Schach. War danach aber schnell nicht mehr interessiert, wechselte zu Leichtathletik und dann auch Fussball. Als ich ihn vor kurzem darauf ansprach, daß er mich zum Schach „verführt hatte“, wusste er garnichts mehr davon. 😉