
Hallo zusammen,
ich habe so viel zu erzählen, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Ich starte einfach mal mit der besten Nachricht:
Ich wurde erneut für die Nationalmannschaft nominiert: Bei der Mannschafts-Europameisterschaft, die vom 04.-15. Oktober in Batumi stattfindet, werde ich Deutschland als Teil der Nationalmannschaft vertreten.

Heute wurde ich zudem Deutsche Vize-Meisterin im Schnellschach. Da ich nach der letzten Runde punktgleich mit Olga Babiy war, musste die Feinwertung Buchholz entscheiden, wer von uns Erste und wer Zweite ist. Hier hatte ich unglücklicherweise einen halben Buchholz-Punkt weniger. Trotzdem bin ich natürlich mit diesem Vize-Titel auch vollkommen zufrieden.
Außerdem hatten wir einen tollen Trainingslehrgang mit unserem neuen Nationaltrainer GM Zahar Efimenko. Eine Woche waren wir dafür in der Sportschule in Kienbaum (östlich von Berlin), wo ich einige inspirierende Begegnungen und Erlebnisse hatte.
Nominierung in die Nationalmannschaft

Wie schon oben erwähnt, werde ich bei der Mannschafts-Europameisterschaft Teil des deutschen Aufgebots sein. Die Teams bestehen aus 5 Spielerinnen (4 Bretter und ein Ersatz), für die deutsche Mannschaft spielen Dinara Wagner, Kateryna Dolzhykova, Hanna Marie Klek, Josefine Safarli und ich. Gespielt werden 9 Runden mit klassischer Bedenkzeit. Ich freue mich riesig auf den Wettkampf! Ein kleines bisschen bin ich auch gespannt auf Georgien, denn obwohl dort regelmäßig wichtige Meisterschaften ausgetragen werden, war ich noch nie in Georgien.
Lehrgang in Kienbaum

Letzte Woche trafen sich die KaderspielerInnen in der Sportschule Kienbaum für ein einwöchiges Trainingslager. Wir, der Frauenkader, trainierten mit unserem neuen Bundestrainer Zahar Efimenko, der Männerkader wurde von Peter Leko gecoacht. Viele Stunden täglich beschäftigten wir uns mit den unterschiedlichsten Trainingsthemen, von Eröffnungen, über bestimmte Mittelspielstrukturen bis hin zu komplizierten Endspielen. Jeden Tag stand zudem am Nachmittag etwas Ausgleichssport an, wo unterschiedliche Sportarten ausprobiert wurden. Mich fand man jeden Tag beim Tischtennis, genauso wie Peter, Zahar, Kateryna und weitere. Wir spielten stets im Doppel, wobei immer Peter Leko und ich ein Team bildeten. Es hat sehr viel Spaß gemacht, mit Peter im Doppel Tischtennis zu spielen und ich muss sagen, wir waren wirklich ein sehr gutes Team!

Die Sportschule Kienbaum ist Trainingsort für viele Leistungssportler: so trainierten zeitgleich mit uns dort auch die Volleyball-Nationalmannschaft, eine Jugendmannschaft des Hertha BSC und Yemisi Ogunyele.

Yemisi ist Olympiasiegerin im Kugelstoßen. Seitdem ich letztes Jahr ihr phänomenales Olympia-Gold verfolgt habe, bin ich ein Fan von ihr. Daher war ich sofort begeistert, sie in Kienbaum persönlich zu treffen. Sie erzählte mir, dass sie gerade für die Weltmeisterschaft trainiert, die im September in Tokio stattfindet. Nun drücken wir uns gegenseitig die Daumen, ich für ihre WM und sie für unsere Team-EM. Das war wirklich eine inspirierende Begegnung für mich!
Deutsche Vize-Meisterin im Schnellschach
Von Kienbaum aus reiste ich dann direkt nach Ruit, um dort an diesem Wochenende die Deutsche Schnellschach-Meisterschaft zu spielen. Drei Deutsche-Meistertitel im Schnellschach habe ich schon (2021, 2022 und 2023), jetzt kann ich dieser Sammlung einen Vize-Titel hinzufügen.
Ich startete etwas holprig:
Die erste Runde gewann ich zwar gegen Heike Germann, doch in der zweiten Runde „verdaddelte“ ich meine Gewinnstellung in Zeitnot völlig und verlor die Partie gegen Diana Skibbe. Das war natürlich ein denkbar ungünstiges Ergebnis, so früh im Turnier einen ganzen Punkt abzugeben. Das Wichtigste ist in solchen Situationen nicht zu verzweifeln. Ich sagte mir, das Turnier ist noch lang, es kann noch alles passieren. Das hat funktioniert, danach holte ich einen Punkt nach dem anderen. Zunächst besiegte ich Tamila Trunz in einem Endspiel mit Springer vs. Läufer.

Hier gewinnt die Idee dxc5 Kxc5 b4+ Kc6 Kd4. Nun hat man einen entfernten Freibauern und die bessere Leichtfigur. In der Folge tauschte ich den b- gegen den d-Bauern und sammelte den ganzen Königsflügel ein.

Danach kam es zum Duell der Nationalspielerinnen: Kateryna gegen mich. Ich kam gut aus der Eröffnung und hatte mir bereits ein besseres Endspiel erspielt, als Kateryna hier den Doppelangriff Kf5 übersah. So gewann ich eine Figur und die Partie. Ein wichtiger Punkt!

Anschließend besiegte ich Michelle Trunz. Genauso wie gegen ihre Schwester hatte ich auch hier ein Endspiel mit Springer vs. Läufer, wobei wieder mein Springer klar überlegen war. Hier steht Schwarz komplett passiv, ich gewann mit dem Plan Kg2-f3-g4-h5.
Den ersten Tag schloss ich dann mit einem Remis gegen Carmen Voicu-Jagodzinksky ab. Damit hatte ich an diesem Tag 4,5/6 und war einen ganzen Punkt hinter Olga Babiy. Um noch Chancen auf den Titel zu haben, musste ich also am nächsten Tag gegen sie gewinnen. Und das gelang mir!

Nachdem ich mir schon in der Eröffnung einen großen Zeitvorteil und ein angenehmes Endspiel -wieder, wie könnte es anders sein, mit einem besseren Springer gegen einen passiven Läufer- erspielt hatte, gewann ich kurze Zeit später einen Bauern und konnte diesen dann verwerten.
Hier gibt es schon mehrere Gewinnwege, ich wählte Kb6. Danach ist der c-Bauer nicht mehr zu stoppen, weil der Läufer nicht mehr nach a6 kommt.
Damit hatte ich punktetechnisch zu Olga aufgeschlossen. Die letzten beiden Runden gewann ich gegen Ulrike Rössler und Helena Neumann.

Gegen letztere gelang mir diese schöne Matt-Kombination: Dd8+ Lf8 Sf6+ Kf7 e6+ Kxe6 Dd7+ Kxf6 Ld4 1-0

Da auch Olga die beiden letzten Runden gewann, waren wir punktgleich mit 7,5/9. Wie schon erwähnt war das Buchholz-Glück dieses Mal nicht auf meiner Seite, sodass ich Zweite wurde. Herzlichen Glückwunsch an Olga!
Zusätzlich zum Vize-Titel gab es für mich noch ein Schnellschach-Eloplus von 32 Punkten.

Es war ein tolles Turnier, das mir sehr viel Spaß gemacht hat. Besonders die Springer waren dieses Mal meine besten Freunde, haben sie doch dreimal bewiesen, dass sie in Endspielen durchaus deutlich besser sein können als Läufer. 😉
Als nächstes spiele ich nun beim Bamberger Open, das Anfang September stattfindet. Danach folgt dann die Mannschafts-EM und der European Club Cup auf Rhodos, bei dem ich für meinen Verein Werder Bremen spiele.
Bis bald, eure Lara
Fotgraf Titelbild: Stev Bonhage