Beim Goldenen Chesso hat die DSJ zwei hervorragende Preisträger im Bereich Schulschach auserwählt. Holger Hansen habe ich schon vorgestellt, jetzt kommt Gerhard Bissinger dran, der ebenfalls eine beeindruckende Vita aufzuweisen hat. Chapeau, meinen Glückwunsch, jeder der das liest erhält sehr viele Inspirationen!
Das hat die DSJ über ihn geschrieben!
Goldener Chesso Schulschach
Gerhard Bissinger
Gerhard Bissinger ist Gründer, Netzwerker, Talentförderer – und für hunderte Kinder in Hamburg schlicht der Mann mit dem Strohhut, der ihre Schachleidenschaft entfacht hat. Mit seiner „Schachwerkstatt“, einer Abteilung der Social Business Stiftung, hat er ein beeindruckendes Schulschachsystem aufgebaut, das aktuell über 250 Kinder pro Woche in fünf Schulen erreicht. Dabei gelingt es ihm, nicht nur Strukturen zu schaffen, sondern auch Einzelne zu sehen und gezielt zu fördern – unabhängig von finanziellen Mitteln, Herkunft oder Vorkenntnissen.
Besonders bemerkenswert ist sein Einsatz für Mädchenschach: In manchen Kursen liegt der Mädchenanteil bei über 50 % – eine Sensation im Vergleich zum bundesweiten Schnitt. Auch das eigens entwickelte Lernheft für Mädchen oder Events wie das Simultan mit „The Big Greek“ zeigen: Hier wird Schulschach frisch, inklusiv und sichtbar gemacht.
Neben Schachkursen und Turnieren initiiert Gerhard Fortbildungen, begleitet Kinder zu nationalen Meisterschaften, erkennt Talente und unterstützt Familien ganz konkret. Dabei schafft er es, ein echtes Gemeinschaftsgefühl zu stiften: für Schüler:innen, Eltern, Lehrkräfte und Trainer:innen gleichermaßen.
Gerhard Bissinger denkt groß, organisiert klug, handelt aus Überzeugung – und begeistert damit eine ganze Region für Schulschach.
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Hier beginnt das Interview!
Bitte stelle dich kurz vor.
Ich bin 69 Jahre alt und wohne in Hamburg Finkenwerder und gebe in der Schachwerkstatt seit 12 Jahren Schul-Schachunterricht. Gemeinsam mit unserem Team im Moment an vier Schulen in Hamburg mit 250 Kindern, 10 Trainern und 32 Kursen pro Woche. http://www.die-Schachwerkstatt.org ist unsere Plattform innerhalb unserer http://www.SOCIAL-BUSINESS-STIFTUNG.org
Windmühlenpokal, von 165 Schülern spielen 90 Kinder mit!
Stelle bitte deine Stiftung vor!
„Die Social Business Stiftung setzt sich zum Ziel, Menschen, denen die nötigen Mittel fehlen, zu befähigen und zu unterstützen, ihre Kräfte gezielt und koordiniert dafür einzusetzen, selbständig ihre Ziele und Bedürfnisse aus eigenem Antrieb und eigener Arbeit zu erreichen.“ Das ist unsere Mission sowohl auf der entwicklungspolitischen Seiten der Stiftung (Mikrofinanzprojekt in Sierra Leone mit 600 Menschen und unserem Kindergarten in Tasania, den wir seit 7 Jahren betreiben) als auch beim Sport, wo wir insbesondere Schach fördern.
Warum seid ihr im Schach so aktiv?
Sport, insbesondere Schach, hat in unserer Stiftung eine gleichberechtigte Stelle zur entwicklungspolitischen Arbeit. Da ich selbst ein begeisterter Schachspieler seit 63 Jahren bin, macht mir die Entwicklung von Menschen und ihre selbstständige Entwicklung zu einer „Schachpersönlichkeit“ sehr viel Spaß und möchte sie dabei unterstützen.
Du hast eine moderne Version vom Ehrenamt, bitte erläutere diese!
Ich sehe „Ehrenamt“ nicht nur als reine unentgeltliche Tätigkeit für andere, sondern als ein „Social Business“. Hierbei heben wir die Werte, die andere bereit sind zu zahlen für das Erlebnis Schach in Form von Startgeldern bei unseren Turnieren und Unterrichtshonoraren. Damit finanzieren wir die Schachwerkstatt und bauen das Ganze aus. Die Überschüsse fließen zurück in den Schachbetrieb: Die Trainer haben gute Honorare, wir haben eine ansprechende Homepage, das Material ist o.k., wir fördern Kinder mit Zuschüssen bei Einzelunterricht oder erlassen sozial schwachen Kids die Honorare. Wir können unseren Trainern auch Anerkennungshonorare geben, für Begleitung von Teams zu auswärtigen Terminen. Man kann sich das wie eine „“gute alte Genossenschaft“ vorstellen, wo die Überschüsse wieder in der Genossenschaft für neuen Aktivitäten genutzt werden und nicht von außerhalb durch Aktionäre oder Anteilseigner abgeschöpft werden.
Wie haben sich deine Schachkinder weiterentwickelt?
Deutscher Meister Mädchen Grundschule!
Meine Vision ist die Begleitung der Kids von der Vorschule bis zum Abitur. Die Ältesten sind jetzt 7. Klasse in den weiterführenden Schulen. Auf Wunsch der Eltern haben wir an diesen Schulen auch mit Schachunterricht begonnen. Unsere Grundschüler sind die beste Grundschule in Deutschland, wenn man das an dem Abschneiden in Willlingen (3. In der WKG ) und Osnabrück (WKG M Deutsche Meisterinnen) misst.
Und auch der Nachwuchs ist schon da: die meisten Kids kommen im Moment aus den ersten Klassen und der Vorschule. Erstmals waren von 40 neu angemeldeten Vorschülern im Herbst 24 mehr als 50% Mädchen! Das freut mich sehr, dass das von meiner Frau Silke Schwartau entwickelte Konzept der Mädchenförderung so greift und angekommen ist bei den Eltern.
Wie siehst du die Stärken, wie die Schwächen im Deutschen Schach
Die Stärke ist eindeutig die Organisation und das Reglement incl. rechtlicher Dinge, die bis zum Letzten ausformuliert sind. Da ist deutsches Schach „spitze“.
Schwächen sehe ich vor allem, dass oft nicht vereins- und verbands übergreifend gedacht und zum Wohle des Schachs gehandelt wird,
Mit Maskottchen
sondern im eigenen Elfenbeinturm möglichst das eigene Spielerreservoir nach außen verteidigt wird, ohne das Wohl einzelner Spieler zu sehen . Als äußeres Zeichen das zu überwinden, bin ich Mitglied in vier Schachvereinen in Hamburg, wobei ich bei der Spielvereinigung Blankenese der 1. Vorsitzende bin und beim HSK in der Stadtliga aktiv spiele. Außerdem bin ich Mitglied bei der CSA, die mich mit ihrer bunten Palette an Schacherlebnissen überzeugt. Allein durch diese Mitgliedschaften kann ich plötzlich übergreifend sehr viel bewegen und man kommt anders ins Gespräch miteinander, da man ja „Vereinsmitglied“ ist.
Warum haltet ihr es für wichtig, dass viele Mädchen Schach spielen?
Schach trainiert Kompetenzen fürs Leben: Zeitmanagement, Verantwortung fürs eigene Tun, Rechenfähigkeit, Vorstellungskraft, Planungsfähigkeit (kurz-mittel und langfristige Pläne werden nach jedem Zug angepasst). Das wollen wir Jungen u n d Mädchen mitgeben. Schachlich gesehen, bedeuten viele Mädchen eine breitere Basis und damit eine stärkere Leistung an der Spitze.
Was sind deine Ziele, Projekte, Träume für die nächsten Jahre?
Die Stiftung baute Kindergarten in Afrika
Ich möchte den eingeschlagenen Weg fortsetzen, neue Kooperationen eingehen, das Schachgeschehen weiterentwickeln ( unser Pilot U12-DWZ Turnier mit 50 Kids und sofortigen Zufalls-Paarungen ohne Wartezeit, wenn 4 Spieler ihre Partien beendet haben, ist so ein Pflänzchen) und auch Stiftung und Schach näher zusammenbringen durch Spendengenerierung für soziale Zwecke durch Schach. Unser erstes Projekt war das Simultan von 40 Grundschülern gegen BIG Greek im letzten Herbst mit einer respektablen Spendensumme für einen guten Zweck.
Was machst du, wenn du nicht Schach spielst?
Ich kümmere mich unsere Projekte in Afrika, die Verwaltung der kleinen Stiftung und sammle dafür Spenden ein, wandere gerne, fahre mit Silke in Urlaub und kümmere mich um meine Enkel.