
Zum 1. November 2024 trat des Gesetz zur Selbstbestimmung (SBGG) in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften in Kraft. Gleichzeitig trat das von den Betroffenen als stigmatisierend empfundene Transsexuellengesetz vom 10. September 1980 (BGBl. I S. 1654), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 3 des Gesetzes vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2787) geändert worden ist, außer Kraft.
Auf der „Themenseite“ im Deutschen Bundestag sind alle Informationen zum Gesetzgebungsverfahren hinterlegt. Die folgenden Auszüge sind im wesentlichen der Bundesdrucksache entnommen.
Mit dem neuen Gesetz kann jede Person, deren Geschlechtsidentität von ihrem Geschlechtseintrag im Personenstandsregister abweicht, gegenüber dem Standesamt erklären, dass die Angabe zu ihrem Geschlecht im Personenstandseintrag geändert werden soll.
Es ist anzumerken, dass dieses durchaus umstrittene Gesetz nur mit knapper Mehrheit vom Bundestag beschlossen wurde, wie die folgende Grafik ausweist:
Der Bundestag verfügte zum damaligen Zeitpunkt über 734 Mitglieder, davon haben 372 für das Gesetz gestimmt, 251 dagegen, 11 sich enthalten, und volle 100 Abgeordnete gar nicht abgestimmt! Die Quote der Zustimmung lag bei gerade mal 50,68%!
Dabei spielte die FDP das Zünglein an der Waage. Während SPD, Grüne und Linke fast einheitlich für das Gesetz gestimmt haben, haben CDU/CSU, BSW und AfD fast ebenso einheitlich dagegen gestimmt. Die Frage lautete also nun, wie würde sich die FDP als Mitglied der Ampelkoalition positionieren? Tatsächlich hat sie mit relativ großer Mehrheit FÜR den Entwurf gestimmt, wohl auch um den Koalitionsfrieden nicht zu gefährden! Im einzelnen gab sie 64 Ja-Stimmen ab, 9 Nein-Stimmen, und 5 Enthaltungen.
In der Interpretation dieses Abstimmungsergebnis erkennt man ganz klar, dass das neue Gesetz von einer starken linken politischen Mehrheit getragen wurde, während konservative Kräfte sich deutlich dagegen positioniert haben, und auch das BSW, das oft eigene Positionen abseits der linken Linie vertritt. Allerdings ist auch anzumerken, dass die Abstimmung womöglich deutlicher für das Gesetz ausgefallen wäre, wenn nicht 100 Abgeordnete (quer durch alle Parteien: SPD 26, CDU/CSU 24, Grüne 9, FDP 13, AfD 19, Linke 6, BSW 1, fraktionslos 2) gefehlt hätten. Zum Spaß kann man das Ergebnis ausrechnen, wenn all diese Abgeordneten nach Parteilinie abgestimmt hätten:
Pro: 372+26+9+13+6=426 Contra: 251+24+19+1+2=297 Zustimmung 426/743=57,3 %
Verlssen wir damit das Abstimmungsergebnis und widmen uns den Inhalten und der Vorgeschichte.
Vorgeschichte des Gesetzes zur Selbstbestimmung
Das Bundesverfassungsgericht hat bereits im Jahr 2011 eine Änderung der Rechtslage zum alten Transsexuellengesetz von 1981 eingefordert.
„Das Bundesverfassungsgericht betonte in seiner Entscheidung vom 11. Januar 2011, dass es dem Gesetzgeber obliegt, die Rechtsordnung so auszugestalten, dass die rechtliche Zuordnung zum nachhaltig empfundenen Geschlecht nicht von unzumutbaren Voraussetzungen abhängig gemacht wird. Das Gericht hob in seiner Entscheidung hervor: „Es ist wissenschaftlich gesicherte Erkenntnis, dass die Zugehörigkeit eines Menschen zu einem Geschlecht nicht allein nach den äußeren Geschlechtsmerkmalen im Zeitpunkt seiner Geburt bestimmt werden kann, sondern sie wesentlich auch von seiner psychischen Konstitution und selbstempfundenen Geschlechtlichkeit abhängt.
Steht bei einem Transsexuellen das eigene Geschlechtsempfinden nachhaltig in Widerspruch zu dem ihm rechtlich nach den äußeren Geschlechtsmerkmalen zugeordneten Geschlecht, gebieten es die Menschenwürde in Verbindung mit dem Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit, dem Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen Rechnung zu tragen und seine selbstempfundene geschlechtliche Identität rechtlich anzuerkennen, um ihm damit zu ermöglichen, entsprechend dem empfundenen Geschlecht leben zu können, ohne in seiner Intimsphäre durch den Widerspruch zwischen seinem dem empfundenen Geschlecht angepassten Äußeren und seiner rechtlichen Behandlung bloßgestellt zu werden.“
Im Widerspruch dazu steht ein weiterer Auszug aus dem Urteil:
„Der Gesetzgeber kann jedoch bei der Bestimmung der Geschlechtszugehörigkeit eines Menschen grundsätzlich von dessen äußeren Geschlechtsmerkmalen zum Zeitpunkt der Geburt ausgehen und die personenstandsrechtliche Anerkennung des im Widerspruch dazu stehenden empfundenen Geschlechts eines Menschen von bestimmten Voraussetzungen abhängig machen. Da das Geschlecht maßgeblich für die Zuweisung von Rechten und Pflichten sein kann und von ihm familiäre Zuordnungen abhängig sind, ist es ein berechtigtes Anliegen des Gesetzgebers, dem Personenstand Dauerhaftigkeit und Eindeutigkeit zu verleihen, ein Auseinanderfallen von biologischer und rechtlicher Geschlechtszugehörigkeit möglichst zu vermeiden und einer Änderung des Personenstands nur stattzugeben, wenn dafür tragfähige Gründe vorliegen und ansonsten verfassungsrechtlich verbürgte Rechte unzureichend gewahrt würden.“
Erweiterter Geschlechtseintrag durch Gesetzesänderung von 2018
Personen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung wurde mit dem Gesetz zur Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben vom 18. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2635) ermöglicht, ihren Geschlechtseintrag durch Erklärung gegenüber dem Standesamt ändern zu lassen, über § 45b des Personenstandsgesetzes (PStG). Es wird über die seit dem Jahr 2013 bestehende Möglichkeit, bei Kindern und Erwachsenen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung keinen Geschlechtseintrag vorzunehmen, hinaus auch der Eintrag „divers“ zugelassen. § 45b des Personenstandsgesetzes verlangte zur Änderung des Geschlechtseintrages die Vorlage eines ärztlichen Attests, so dass es auch hier für die Änderung des Geschlechtseintrags zu einer Pathologisierung kommt.
Im Mai 2019 legten das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz sowie das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat den gemeinsamen Referentenentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Änderung des Geschlechtseintrags vor. Der Entwurf wurde nach erheblicher Kritik durch die Zivilgesellschaft jedoch nicht weiterverfolgt.
Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition von 2021
Im Koalitionsvertrag vom 24.11.2021 der die Bundesregierung tragenden Parteien für die 20. Legislaturperiode war unter den Zeilen 4019 ff. folgendes vereinbart: „Wir werden das Transsexuellengesetz abschaffen und durch ein Selbstbestimmungsgesetz ersetzen. Dazu gehören ein Verfahren beim Standesamt, das Änderungen des Geschlechtseintrags im Personenstand grundsätzlich per Selbstauskunft möglich macht, ein erweitertes und sanktionsbewehrtes Offenbarungsverbot und eine Stärkung der Aufklärungs- und Beratungsangebote.“ Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie das Bundesministerium der Justiz legten dazu im Juni 2022 ein gemeinsames Eckpunktepapier vor.
Mit dem Entwurf soll das Verfahren für die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen bei einer Variante der Geschlechtsentwicklung einerseits und bei Abweichen der Geschlechtsidentität vom Geschlechtseintrag andererseits vereinheitlicht werden.
Vergleich zu anderen Staaten
Auch international wird die Verbesserung der rechtlichen Anerkennung der Geschlechtsidentität („legal gender recognition“) gefordert. Die im Jahr 2010 verabschiedeten Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarats sprachen sich für eine Überprüfung der einschlägigen Gesetzgebung zwecks Vermeidung unnötiger Voraussetzungen für eine Änderung des Geschlechtseintrags sowie für ein „schnelles, transparentes und zugängliches Verfahren“ zur Änderung des Geschlechtseintrages und der Vornamen aus.
Argentinien, Dänemark, Malta, Irland, Norwegen, Belgien, Uruguay, Luxemburg, Portugal, Chile, Island, Neuseeland, die Schweiz, Finnland und Spanien haben bereits ähnliche, niedrigschwellige Möglichkeiten zur Änderung des Geschlechtseintrags gesetzlich geregelt.
Viele, wenn nicht sogar alle dieser Vorhaben waren in der Gesellschaft umstritten, da befürchtet wurde, ein einfaches und auf Selbstbestimmung beruhendes Verfahren berge Missbrauchspotenzial. Einige Staaten (Belgien, Luxemburg) regeln ausdrücklich, dass der öffentlichen Ordnung widersprechende beziehungsweise missbräuchliche Erklärungen zurückgewiesen oder widerrufen werden können.
Die Schweiz verweist in der amtlichen Kommentierung der Gesetzesänderung auf den allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben und zugleich darauf, dass nicht mit Missbrauchsfällen zu rechnen ist (www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/74726.pdf, Seite 4/5): „Es liegt in der Verantwortung der Zivilstandsbeamtin oder des Zivilstandsbeamten offensichtlich missbräuchliche Erklärungen (Art. 2 ZGB) oder die Abgabe der Erklärung durch eine urteilsunfähige Person zurückzuweisen.
Kommen wir nach diesen einleitenden Vorbemerkungen zu den Inhalten des Gesetzes.
Rechtslage des neuen Selbstbestimmungesetzes (Auszüge)
§ 2 Erklärungen zum Geschlechtseintrag und zu den Vornamen
(1) Jede Person, deren Geschlechtsidentität von ihrem Geschlechtseintrag im Personenstandsregister abweicht, kann gegenüber dem Standesamt erklären, dass die Angabe zu ihrem Geschlecht in einem deutschen Personenstandseintrag geändert werden soll, indem sie durch eine andere der in § 22 Absatz 3 des Personenstandsgesetzes vorgesehenen Angaben ersetzt oder gestrichen wird
(2) Die Person hat mit ihrer Erklärung zu versichern, dass
- der gewählte Geschlechtseintrag beziehungsweise die Streichung des Geschlechtseintrags ihrer Geschlechtsidentität am besten entspricht,
- ihr die Tragweite der durch die Erklärung bewirkten Folgen bewusst ist.
(3) Mit der Erklärung nach Absatz 1 sind die Vornamen zu bestimmen, die die Person zukünftig führen will und die dem gewählten Geschlechtseintrag entsprechen
§ 3 Erklärungen von Minderjährigen und Personen mit Betreuer
(1) Eine beschränkt geschäftsfähige minderjährige Person, die das 14. Lebensjahr vollendet hat, kann die Erklärungen zur Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen (§ 2) nur selbst abgeben, bedarf hierzu jedoch der Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters. Stimmt der gesetzliche Vertreter nicht zu, so ersetzt das Familiengericht die Zustimmung, wenn die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen dem Kindeswohl nicht widerspricht.
(2) Ist die minderjährige Person geschäftsunfähig oder hat sie das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet, kann nur der gesetzliche Vertreter die Erklärungen zur Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen für die Person abgeben.
§ 4 Anmeldung beim Standesamt
Die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen ist von der erklärenden Person drei Monate vor der Erklärung nach § 2 mündlich oder schriftlich bei dem Standesamt anzumelden, bei dem die Erklärung abgegeben werden soll. Die Anmeldung wird gegenstandslos, wenn die Erklärung nicht innerhalb von sechs Monaten nach der Anmeldung abgegeben wird.
§ 6 Wirkungen der Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen
(1) Der jeweils aktuelle Geschlechtseintrag und die jeweils aktuellen Vornamen sind im Rechtsverkehr maßgeblich, soweit auf die personenstandsrechtliche Geschlechtszuordnung oder die Vornamen Bezug genommen wird und durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.
(2) Betreffend den Zugang zu Einrichtungen und Räumen sowie die Teilnahme an Veranstaltungen bleiben die Vertragsfreiheit und das Hausrecht des jeweiligen Eigentümers oder Besitzers sowie das Recht juristischer Personen, ihre Angelegenheiten durch Satzung zu regeln, unberührt.
(3) Die Bewertung sportlicher Leistungen kann unabhängig von dem aktuellen Geschlechtseintrag geregelt werden.
(…)
§ 12 Evaluierung
Die Bundesregierung wird die Auswirkung der Regelungen in den Artikeln 1 bis 9 dieses Gesetzes innerhalb von fünf Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes überprüfen und dem Deutschen Bundestag über das Ergebnis dieser Evaluierung einen Bericht vorlegen.
§ 13 Offenbarungsverbot
(1) Sind Geschlechtsangabe und Vornamen einer Person nach § 2 geändert worden, so dürfen die bis zur Änderung eingetragene Geschlechtsangabe und die bis zur Änderung eingetragenen Vornamen ohne Zustimmung dieser Person nicht offenbart oder ausgeforscht werden.
§ 14 Bußgeldvorschriften
(1) Ordnungswidrig handelt, wer entgegen § 13 Absatz 1 Satz 1 die Geschlechtszugehörigkeit oder einen Vornamen offenbart und dadurch die betroffene Person absichtlich schädigt.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Euro geahndet werden.
Zitat Ende
Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass der Gesetzgeber die freie Wahl der Geschlechtsidentität sehr umfassend im Sinne der Betroffenen geregelt hat, was sicherlich nicht auf ungeteilte Zustimmung in der Bevölkerung stößt, vor allem was die neue Ordnungswidrigkeit und die Strafbewehrung betrifft. Hier hätte man sicher mit mehr Augenmaß vorgehen können!
Interessant ist, dass diverse Ausnahmen von diesem Recht festgelegt sind, auf die wir im folgenden eingehen:
Ausnahmen zur Anwendung des Selbstbestimmungrechts
§ 9 Zuordnung zum männlichen Geschlecht im Spannungs- und Verteidigungsfall
Die rechtliche Zuordnung einer Person zum männlichen Geschlecht bleibt, soweit es den Dienst mit der Waffe auf Grundlage des Artikels 12 a des Grundgesetzes und hierauf beruhender Gesetze betrifft, für die Dauer des Spannungs- oder Verteidigungsfalls nach Artikel 80 a des Grundgesetzes bestehen, wenn in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit diesem die Änderung des Geschlechtseintrags von „männlich“ zu „weiblich“ oder „divers“ oder die Streichung der Angabe zum Geschlecht erklärt wird. Unmittelbar ist der zeitliche Zusammenhang während eines Spannungs- oder Verteidigungsfalls sowie ab einem Zeitpunkt von zwei Monaten vor Feststellung desselben.
Kommentar dazu: Aha, im Verteidigungsfall stößt das Recht plötzlich an seine Grenzen, um zu vermeiden, dass man sich auf diese Art und Weise der Dienstpflicht entzieht!
Unterbringung im Justizvollzug
Die Unterbringung von Strafgefangenen muss sich nicht allein am Geschlechtseintrag orientieren, das SBGG gebietet mithin nicht, dass Personen immer entsprechend ihrem personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrag in einer entsprechenden Anstalt untergebracht werden. Das Grundgesetz und die Fürsorgepflicht der Anstalt verlangen vielmehr, bei der Unterbringung im Strafvollzug die Sicherheitsinteressen und Persönlichkeitsrechte aller Strafgefangenen zu berücksichtigen. Ändert ein bislang männlicher Strafgefangener seinen Geschlechtseintrag in „weiblich“, können Persönlichkeitsrechte und Sicherheitsinteressen anderer Strafgefangenen seiner Verlegung in ein Frauengefängnis gegebenenfalls entgegenstehen, eine Differenzierung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls bleibt nach Maßgabe der Landesgesetze mithin auch weiterhin möglich.
Kommentar dazu: Auch hier eine gewichtige Ausnahme, um zu vermeiden, dass es zu Übergriffen durch andere Häftlinge kommt, da gerade in Haftanstalten die Transphobie grassiert.
Sportvereine §6 Abs. 3
Nun wird es spannend, denn der Gesetzgeber hat auch an Sportwettbewerbe gedacht:
Sportvereine entscheiden selbst über den Zugang zu ihren Einrichtungen und Veranstaltungen in eigener Verantwortung nach ihrer jeweiligen Satzung. Für Sportvereine wird sich durch die Aufhebung des TSG und Einführung des SBGG keine Änderung ergeben.
Hierzu gibt die Bundesdrucksache 20/9049, Seite 43 unten folgende Erläuterung ab:
Die Teilnahme an einem sportlichen Wettkampf kann – je nach Sportart – entsprechend oder unabhängig von der personenstandsrechtlichen Geschlechtszuordnung geregelt werden. Hintergrund ist, dass in verschiedenen Sportarten unterschiedliche Gründe für eine Geschlechtszuordnung maßgeblich sind. In einigen Sportarten bietet sich eine Unterscheidung nach der körperlichen Konstitution an (zum Beispiel bei Kraftsportarten), so dass der Geschlechtseintrag im Personenstandsregister nicht maßgeblich sein dürfte. Für die Ausübung anderer Sportarten sind körperliche Unterschiede hingegen nicht relevant (zum Beispiel im Reitsport oder beim Schach). Wird gleichwohl nach Geschlechtern unterschieden, um weibliche Personen für die Ausübung des Sports zu gewinnen, liegt es nahe, auf den personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrag abzustellen.
Kommentar dazu: Zunächst ist es erstaunlich, dass der Schachsport gezielt in der Drucksache angesprochen wird. Jedoch muss man leider konstatieren, mit völlig falscher Einschätzung der Juristen zur Sachlage! Denn wie bereits im Beitrag „Wie erklärt sich der unterschiedliche Zugang von Frauen und Männern zum Schach?“ dargelegt, gibt es wissenschaftlich belegt große biologische Unterschiede zwischen Männern und Frauen (Gehirnaufbau, Hormonhaushalt, weiblicher Zyklus), die sich erheblich auf die Spielstärke auswirken, und auch in den Elozahlen gespiegelt werden.
Somit müsste der Satz richtig wie folgt lauten: Durch die nachweislich biologisch bedingte unterschiedliche Spielstärke von Männern und Frauen im Schach, die sich auch eindeutig in den Wertungszahlen spiegelt, sollte der Geschlechtseintrag im Personenstandsregister für die Zuordnung zum Frauenspielbetrieb nicht automatisch herangezogen werden, sondern die Teilnahme von Transsexuellen am sportlichen Wettkampf separat vom zuständigen Verband geregelt werden!
Fazit: Selbstbestimmungsrecht im Sport
Im Ergebnis dieser Zusammenschau halten wir fest, dass trotz des neuen Selbstbestimmungsgesetzes im Sport weiterhin die rechtliche Möglichkeit besteht, die Teilnahme an Frauenwettbewerben anders zu regeln als im amtlichen Geschlechtseintrag niedergelegt. Dies begründet sich dadurch, dass mit der neuen Rechtslage das biologische und soziale Geschlecht uneinheitlich sein kann, also ganz konkret: der Eintrag im Standesregister oder im Ausweis lautet auf Frau und das biologische Geschlecht ist nach wie vor männlich. Da gerade im Schach große Unterschiede in der Spielstärke zwischen Männern und Frauen bestehen, erscheint es geradezu zwingend, hierzu eine Regelung zur Abgrenzung zu treffen, die leider bisher aussteht.
Noch einmal: auch auf der Homepage des Budesfamilienministeriums steht wörtlich:
Sollte ein Sportverband also darauf verweisen, dass er bei der Abgrenzung im Frauenspielbetrieb an das SBGG gebunden ist, handelt es sich um eine reine Schutzbehauptung!
München, im Juli 2025
Gerald Hertneck
In der Erklärung des Deutschen Schachbundes vom 24. Juni wird schon nicht erläutert, warum der Grund, aus dem biologische Männer nicht an Frauenwettbewerben teilnehmen dürfen, im Moment des Wechsel des Geschlechtseintrags im Personenstandsregister entfallen sollte. Hier hätte man eine inhaltliche Erörterung erwarten können.
Stattdessen beschränkt sich der DSB auf formale, nicht überzeugende Aspekte. „Bunt und inklusiv“ mögen politische Schlagworte sein, zur Rechtfertigung einer Aufweichung von Zulassungskriterien für zulassungsbeschränkte Wettbewerbe taugen diese Worte nicht. „Die Vorschläge decken sich nicht mit gültigen Regularien – und passen auch insgesamt nicht zum Schachsport, bei dem Männer und Frauen gleichberechtigt starten dürfen.“ Die Vorschläge der Frauenkommission stehen durchaus nicht im Widerspruch zum SBGG, wie im Artikel dargelegt, und von einer „Gleichberechtigung“ von Männern und Frauen kann bei der Teilnahme an Frauenwettbewerben gerade nicht die Rede sein. Die weiteren Ausführungen „Außerdem ist die deutsche Gesetzeslage klar: Seit 1. November 2024 ist das Selbstbestimmungsgesetzt in Kraft.“ und „Das Gleichstellungsgesetz gilt natürlich auch für Sportverbände.“ würde ich nun nicht gerade als „Schutzbehauptung“ bezeichnen, man sollte auch Frau Lauterbach das Recht auf Irrtum zugestehen. Die Ausführungen sind aber jedenfalls nicht dazu geeignet, den Standpunkt des DSB zu stützen.
Hallo Herr Sommer, vielen Dank für Ihren Kommentar. Tatsächlich habe auch ich erst heute die Aussage des Bundesfamilienministeriums zum Thema auf der Homepage entdeckt, und das ist nur EIN Punkt in einer langen Liste. Sie haben völlig recht, die Aussage des DSB kann auch in Unkenntnis der Rechtslage erfolgt sein, und man muss hier nichts Böses unterstellen. Jetzt aber ist es bekannt und kann nicht mehr ignoriert werden! Und da das ein wichtiges Thema für den Sport darstellt, sollte an schon davon ausgehen, dass die Verantwortlichen sich im ersten Schritt genau mit der Rechtslage beschäftigen. Es bleibt auf jeden Fall spannend, den weiteren Fortgang zu beobachten.
Ergänzend haben wir zum Thema noch die KI Perplexity befragt, die folgende Atwort gegeben hat:
Im neuen Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) wurde ausdrücklich geregelt, dass die Änderung des Geschlechtseintrags keine automatische Wirkung auf den Sportbereich hat. Die Bewertung sportlicher Leistungen und die Teilnahme an Sportwettbewerben können unabhängig vom aktuellen Geschlechtseintrag geregelt werden. Das betrifft sowohl den Schul- als auch den Vereins- und Wettkampfsport.
: Der Gesetzgeber wollte die Autonomie der Sportverbände und -vereine respektieren. Sportorganisationen haben traditionell das Recht, eigenständig über Zulassungsregeln und Teilnahmebedingungen zu entscheiden. Das gilt insbesondere für die Einteilung in Männer- und Frauenwettbewerbe.
Komplexität von Fairness im Sport: Im Sport gibt es eine intensive Debatte über Fairness und Chancengleichheit, insbesondere im Hinblick auf körperliche Voraussetzungen wie Muskelmasse, Hormonspiegel oder Körpergröße. Diese Aspekte lassen sich nicht allein durch den Geschlechtseintrag im Personenstandsregister abbilden. Viele Sportarten sehen daher eigene Regelungen vor, etwa zu Testosteronwerten oder medizinischen Voraussetzungen56.
Schutz von Wettbewerben und Inklusion: Die Ausnahme soll einen Ausgleich schaffen zwischen dem Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung und dem Bedürfnis nach fairen Wettbewerbsbedingungen. Sie ermöglicht es Sportverbänden, sowohl Inklusion zu fördern als auch sportartspezifische Schutzmechanismen für den Wettbewerb zu erhalten.
Vermeidung von Missbrauchsdebatten: In der öffentlichen Diskussion wurde immer wieder die Sorge geäußert, dass eine Änderung des Geschlechtseintrags gezielt zur Teilnahme an bestimmten Wettbewerben genutzt werden könnte. Die gesetzliche Regelung soll solchen Missbrauchsszenarien vorbeugen, ohne die Rechte trans*, inter* und nicht-binärer Personen grundsätzlich einzuschränken.
Sportverbände entscheiden selbst: Nach wie vor liegt es in der Verantwortung der Sportverbände und Vereine, eigene Regelungen zu treffen. Das SBGG gibt ihnen die Möglichkeit, individuelle und sportartspezifische Lösungen zu finden, ohne durch den Geschlechtseintrag im Personenstandsregister gebunden zu sein.
: Auch im Schulsport können die Bundesländer eigene Regelungen zur Bewertung sportlicher Leistungen treffen, unabhängig vom Eintrag im Personenstandsregister.
Die Ausnahme im SBGG für den Sportbereich wurde geschaffen, um die Eigenständigkeit des Sports zu wahren, Fairness im Wettbewerb zu ermöglichen und gleichzeitig die Rechte auf Selbstbestimmung zu respektieren. Die Regelung ist ein Kompromiss zwischen unterschiedlichen gesellschaftlichen und sportlichen Interessen und reagiert auf die Komplexität der Thematik im Sportumfeld.
Aktuelle Ergänzung: Quelle: https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-1086864
Auswirkungen der Transgenderpolitik auf den Sport / Meldung vom 11.06.2025
Berlin: (hib/MIS) Die AfD-Fraktion interessiert sich für „negative Auswirkungen der Transgenderpolitik auf Fairness in sportlichen Wettbewerben“. In ihrer Kleinen Anfrage (21/398) wollen die Fragesteller unter anderem von der Bundesregierung wissen, welche Sportverbände sich dazu bekannt haben, das Spielrecht auf Basis des Selbstbestimmungsgesetzes (SBGG) umzustellen. In diesem Zusammenhang verweisen die Fragesteller in der Anfrage auf die Webseite des Bundesministeriums für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Zwar betone man dort hinsichtlich des Gesetzes über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag, dass das SBGG die Autonomie des Sports nicht antaste. Weiter heiße es: „Nach geltendem Recht entscheiden Sportvereinigungen und Zusammenschlüsse weitgehend in eigener Zuständigkeit darüber, welche Personen zu welchen Wettbewerben zugelassen werden.“ Dennoch scheine, so die Fragesteller, das beschlossene SBGG erhebliche Auswirkungen auf die Regelungspraxis der Sportverbände zu haben.
So heiße es beispielsweise auf der Webseite des Deutschen Fußball-Bundes (DFB): „Der Fußball setzt seinen Kurs, das Spielrecht für Transgender- und intergeschlechtliche Personen zu liberalisieren, weiter fort.“ So sollen mit dem Saisonbeginn 2025/2026 die Bestimmungen für das Spielrecht von Trans- und intergeschlechtlichen Personen nicht mehr dem Transsexuellengesetz, sondern dem Selbstbestimmungsgesetz entsprechen. Bereits 2022 habe der DFB eine Neuregelung im Amateurfußball beschlossen, wonach Personen mit dem Personenstandseintrag „divers“ oder „ohne Angabe“ sowie Personen, die eine Geschlechtsumwandlung vornehmen, künftig selbst entscheiden dürfen, ob sie eine Spielberechtigung für ein Frauen- oder ein Männerteam erhalten sollen.
In diesem Zusammenhang fragen die AfD-Abgeordneten die Bundesregierung, welche Sportverbände Personen mit dem Personenstandseintrag „divers“ oder „ohne Angabe“ sowie Personen, die eine Geschlechtsumwandlung vollzogen haben, erlauben, selbst zu entscheiden, ob sie eine Spielberechtigung für ein Frauen- oder ein Männerteam erhalten – und ob es auch Fälle gebe, bei denen Männer nach einer Geschlechtsumwandlung im Frauensport aktiv gewesen seien.
Hier noch eine Ergänzung aus der Internetrecherche: Quelle: https://rp-online.de/politik/deutschland/selbstbestimmungsgesetz-soll-evaluiert-werden-doch-es-gibt-kritik_aid-129236713
Im Koalitionsvertrag von Union und SPD ist festgelegt, dass dieses Gesetz bis Ende Juli 2026 evaluiert werden soll. Diese Evaluation war im Gesetz verankert und soll überprüfen, ob es europa- und verfassungsrechtlich die Selbstbestimmung stärkt. Im Vertrag wird jedoch festgehalten, dass diese Evaluation mit einem „besonderen Fokus auf die Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche, die Fristsetzungen zum Wechsel des Geschlechtseintrags sowie den wirksamen Schutz von Frauen“ stattfinden soll. Was die genauen Bedenken der Regierung sind, hat das Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) auf Nachfrage unserer Redaktion nicht erklärt.
Und hier die letzte Ergänzung aus der Internetrecherche:
„Das Gesetz nimmt niemandem etwas weg“
Ampel-Vertreter verteidigten das Gesetz gegen die massive Kritik aus konservativen und rechten Kreisen. „Das Selbstbestimmungsgesetz nimmt niemandem etwas weg, es beseitigt Unrecht“, resümierte Anke Hennig (SPD) am Freitag im Bundestag. Denselben ersten Teilsatz sagte auch Sven Lehmann, er fügte hinzu: „Aber es macht das Leben für eine kleine Minderheit würdevoller und leichter.“ Auch Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) betonte am Freitag: „Die überfällige Besserstellung von transgeschlechtlichen Menschen wird nicht zu Lasten anderer gehen.“
Ob es künftig Versuche von cis Männern geben wird, das Gesetz auszunutzen, um von Frauenquoten zu profitieren oder in Schutzräume einzudringen, wird sich zeigen. Expert:innen halten dies aufgrund der Erfahrungen in anderen Ländern für unwahrscheinlich. „Weltweit haben 13 Länder ein Selbstbestimmungsgesetz bereits seit längerem und gute Erfahrungen damit gemacht, Argentinien sogar seit über zehn Jahren. Ängste und Befürchtungen des Missbrauches, die bisweilen vorgebracht werden, sind dort nicht eingetreten“, hatte Grünen-Politiker Lehmann auf LTO-Anfrage im August gesagt. Auch BVT-Sprecher:in Hümpfner hatte darauf hingewiesen.
Die FDP hatte innerhalb der Ampel-Koalition am stärksten mit sich gerungen. Mit am Ende nur zwei Enthaltungen stimmte die Fraktion am Freitag aber überwiegend für das Gesetz. Versöhnliche Worte fand Rechtspolitikerin Katrin Helling-Plahr in der Debatte: „Ich habe noch nie daran gezweifelt, eine Frau zu sein, und es fällt mir schwer nachzuvollziehen, wie es in Menschen aussieht, die sich einem anderen Geschlecht zugehörig fühlen.“ Sie könne mit „woke-Kultur überhaupt nichts anfangen“ und wenn sie gendern müsste, „fiele mir die Zunge ab“. Dennoch sei das Selbstbestimmungsgesetz richtig – „weil Menschen unterschiedlich sind“. Das Leid von trans- und intergeschlechtlichen sowie nicht-binären Personen müsse man berücksichtigen, auch wenn man es nicht selbst nachfühlen könne. „Wer bin ich, dass ich dem Lebensglück dieser Menschen entgegenstehe?“
Kommentar dazu: so so „Das Selbstbestimmungsgesetz nimmt niemandem etwas weg, es beseitigt Unrecht“, resümierte Anke Hennig (SPD) am Freitag im Bundestag.“ Und hat es nicht auf der Deutschen Jugendmeisterschaft einer Spielerin den ersten Platz weggenommen?
Quelle: https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/sbgg-selbstbestimmung-selbstbestimmungsgesetz-trans-inter-binaer-bundestag-gesetz-tsg