
Die FIDE wagt ein Experiment: Erstmals werden Turniere mit deutlich kürzerer Bedenkzeit in die Standard-Ratingliste einfließen. Damit reagiert der Weltschachverband auf den Wunsch vieler Spieler und Veranstalter nach einem Format zwischen klassischem Schach und Rapid.
Bisherige Regeln
Bislang galt: Damit eine Partie als klassisch gewertet wird, musste sie ein gewisses Mindestmaß an Zeitkontrolle haben (berechnet auf ca. 60 Züge):
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Ab Elo 2400: 120 Minuten pro Spieler
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Ab Elo 1800: 90 Minuten pro Spieler
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Unter 1800: 60 Minuten pro Spieler
Diese langen Formate erschweren kompakte Turnierpläne und schrecken manche Teilnehmer ab.
Pilotturniere mit 45+30
Das neue Pilotprojekt testet einen „Fast Classic“-Rhythmus: 45 Minuten + 30 Sekunden pro Zug ab dem ersten Zug. Drei Turniere wurden ausgewählt, deren Ergebnisse bereits in die Standard-Elo einfließen: der Qatar Cup (7.–13. September), das QCA Training Center September Tournament Classical (25.–27. September) sowie die Women’s World Team Championship (17.–24. November)
Einige Einschränkungen gelten jedoch: Es werden keine Normen (also keine IM- oder GM-Normen) werden vergeben. Außerdem dürfen maximal zwei Runden pro Tag angesetzt werden.
Warum „Fast Classic“?
Die Idee geht laut FIDE zurück auf Oleg Skvortsov, den langjährigen Organisator des Zurich Chess Challenge. Schon damals schlug er Formate von 2–3 Stunden pro Partie vor – genug, um ernsthaft zu spielen, aber kurz genug, um zwei Runden am Tag zu ermöglichen.
FIDE begründet den Schritt mit einem klaren Trend: Der Alltag lässt immer weniger Zeit für „Marathonpartien“. Kürzere Formate gewinnen an Beliebtheit, sollen aber nicht nur als Rapid oder Blitz abgetan werden. Mit „Fast Classic“ will man dem Trend zu einer kürzeren Zeitkontrolle nachkommen, ohne den Anspruch an Ernsthaftigkeit und Wettbewerbsorientierung zu verlieren.
Wie geht es weiter?
Nach den drei Testturnieren wird FIDE Ergebnisse und Statistiken auswerten, Rückmeldungen von Spielern und Organisatoren einholen sowie entscheiden, ob „Fast Classic“ dauerhaft in die Rating-Regularien aufgenommen wird.
Fazit
Die Schachwelt steht vor einer möglichen Zeitenwende: Klassisches Schach bleibt bestehen, könnte aber künftig in verschiedenen Geschwindigkeiten gespielt werden. „Fast Classic“ ist ein erster Schritt – spannend wird, wie Spielerinnen und Spieler sowie die Turnierszene darauf reagieren.
Das ist zeitgemäß und wird auch dazu beitragen, dass mehr Spieler aktiv bleiben. Für viele Schachfreunde mit anstrengenden Berufen oder familiären Verpflichtungen sind die derzeitigen Classic-Formate zu belastend, zumal mit der Zeitzugabe ja nicht mal ein festes Partieende kalkuliert werden kann. Auch könnten Mannschaftskämpfe interessanter werden, wenn mit Rückrunde gespielt wird.
Für Zuschauer werden Classic-Turniere so auch interessanter, nicht so schnell, das der schwächere Spieler nicht mithalten kann, aber auch nicht so langsam wie der trocknende Lack.
Natürlich werden manche Schachfreunde das nicht mögen, aber es besteht ja weiter die Möglichkeit, Turniere mit längeren Spielzeiten zu veranstalten. Ich denke aber, in 10-20 Jahren wird allgemein mit diesen kürzeren Zeiten gespielt werden.
Es gab ja auch früher (bis 1992?) die 2 x 1 Stunde Partien mit Elo-Wertung. Also ein bisschen zurück in die Zukunft, grins!
Ich befürworte grundsätzlich kürzere Zeitkontrollen! Lange Bedenkzeiten finde ich nicht mehr zeitgemäß.
„Verschiedene Geschwindigkeiten“ für Elo-gewertete Partien mit klassischer Bedenkzeit gibt es ja bereits. Das schnellstmögliche auf hohem Niveau ist 90 Minuten/Partie plus 30 Sekunden Inkrement, damit 2 Stunden für 60 Züge. Diese Bedenkzeit ist gängig, vor allem in Opens mit Doppelrunden. Aktuell beim FIDE Grand Swiss im Damenturnier 90 Minuten für 40 Züge, 30 Minuten für den Rest plus 30 Sekunden Inkrement ab dem ersten Zug. Im offenen Turnier dagegen die recht lange Bedenkzeit 100 Minuten für 40 Züge, dann 50 Minuten für 20 Züge und 15 Minuten für den Rest, auch plus 30 Sekunden Inkrement ab dem ersten Zug.
Welche Schlussfolgerungen die FIDE nun aus _diesen_ drei Turnieren ziehen will bleibt ihr Geheimnis. Qatar Cup https://s1.chess-results.com/tnr1247709.aspx?lan=0&SNode=S0 hat 18 einheimische Spieler – ein IM (Elo 2354), 9 mit Elo 1457-1823 und 8 elolose. Ohne die ersten drei der Setzliste wäre das generell klassische Bedenkzeit, mit ihnen müsste es 60+30 sein. QCA September Classic auch in Katar – Teilnehmerliste noch unbekannt, zuvor hatten sie „leicht internationale“ Schnellturniere für Jugendliche. Women’s World Team Championship hat dann wohl die Damen-Weltspitze, nicht weniger und nicht mehr.
Auf welcher Grundlage werden dann Ergebnisse und Statistiken ausgewertet, Organisatoren und Teilnehmer befragt, und dann entschieden ob das Experiment erfolgreich war oder nicht?
Für wie blöd halten mich eigentlich manche Leute. Es handelt sich hier um einen weiteren schleichenden Versuch einer kleinen Minderheit, die Bedenkzeiten Im Schach immer weiter zu verkürzen.
Von ehemals 2 Stunden für 40 Züge (ganz früher noch mehr Zeit) auf aktuell 90 min für 40 Züge plus Inkrement, was schon mal einer faktischen Verkürzung pro Partie um 10 min entspricht,
beim Blitz von 5 min auf 3+2. Turniere und Duelle im Langsamschach werden heute schon durch Schnell- und Blitzpartien entschieden und ein bekannter Schachspieler, der kein Normalschach mehr spielt, hält sich aber immer noch für den Größten und lässt sogar die Kleiderordnung für sich ändern.
Jetzt zur Begründung:
„Diese langen Formate erschweren kompakte Turnierpläne und schrecken manche Teilnehmer ab.“
aber weiter
„Außerdem dürfen maximal zwei Runden pro Tag angesetzt werden.“
Damit habe ich was den Zeitaufwand für ein Turnier betrifft nichts gewonnen. Ich spiele im „kompakten“ Modus ebenfalls zwei Partien pro Tag. Komme ich jetzt ’ne halbe Stunde früher an mein Bier?
Im übrigen wird niemand gezwungen seine 2 Stunden voll auszunutzen.