
Logo Schachbuch-Rezension (KI by Gemini)
Liebe Schachfreunde, mit diesem Beitrag möchten wir eine neue Rubrik auf dem Schachkicker eröffnen, und zwar die gelegentliche Rezension von Schachbüchern. Dabei werden wir aber aus Aufwandsgründen nicht allzu sehr in die Tiefe gehen.
Der Reigen der Rezensionen wird eröffnet mit einem sehr empfehlenswerten Buch, und zu einer Biographie über den legendären Robert James Fischer von IM John Donaldson. Das Werk ist im Jahr 2020 erschienen (verlegt von der Siles Press in Los Angeles), kommt auf 644 Seiten, ist broschiert, und kostet nur 30 US Dollar. Damit ist es definitiv ein Schnäppchen!

Auf der Rückseite des Einbands sind wahre Lobeshymnen abgedruckt, die hier auszugsweise wiedergegeben werden:
* Dieses gut ausgearbeitete Portrait von Bobby Fischer ist einmalig in der Schachliteratur… Ein Meisterwerk! GM Lubos Kavalek,
* Das beste und verständlichste Werk, das ich über die Schachlegende Bobby Fischer gesehen habe…. Als ich dieses Buch gelesen habe, lehrte es mich neue Dinge über sein Leben. GM Susan Polgar
* In diesem Buch, betritt der Autor IM John Donaldson völlig neue Wege, indem er sich auf die Beziehungen zwischen Fischer und seinen Zeitgenossen fokussiert, und bietet auch einen frischen Blick auf den immensen Beitrag von Fischer zu unserem geliebten Schachspiel. IM Cyrus Lakdawala.
Nun, wenn so prominente Zeitgenossen das Werk einhellig so loben, dann muss es eigentlich gut sein. Ich würde aber noch einiges an Substanz hinzufügen:
Das Buch ist wunderbar gesetzt! Ich finde es immer wieder schlimm, Bücher in der Hand zu haben, wo der Satz (also die gesetzte Schrift und die Diagramme) eine einzige Katastrophe sind. Dies ist hier definitiv nicht der Fall, egal welche Seite man aufschlägt, das Buch hinterlässt schon rein optisch einen sehr angenehmen Eindruck.
Dazu kommt die Dicke bzw. Länge des Werks. Mit über 600 Seiten ist es definitiv nicht so schnell ausgelesen, sonder wird ein längeres Lesevergnügen bereiten. Man mag gar nicht wissen, wie lange der Autor an diesem Werk gearbeitet haben muss. Und es enthält neben viel biographischem Text immerhin 99 kommentierte Partien. Wobei die Kommentare genau richtig bemessen sind, und nicht unnötig in die Tiefe gehen.
Doch der Schwerpunkt liegt eindeutig auf dem Text, und hier hat der Autor wirklich bahnbrechende Arbeit geleistet. Das Buch schildert so viele Begebenheiten aus dem Leben Fischers und seiner Zeitgenossen, dass es einen geradezu erleuchtet. Dabei werden auch kritische Themen wie sein Judenhass oder eine gewisse Unbeholfenheit im Leben nicht ausgespart. Wer wusste zum Beispiel, dass Fischer in Pasadena in einer winzigen Wohnung lebte, nachdem er einen (Groß-)Teil seines Vermögens der Church of God gespendet hat, in der er zeitweise Mitglied war? Und wer ihn treffen wollte, musste 5.000 Dollar für einen Abend zahlen. Das wäre in heutiger Währung wohl das vier- oder fünffache! Da aber die wenigsten in der Phase seiner schachlichen Inaktivität dazu bereit waren, lebte er Anfang der 90-er Jahre in eher bitterer Armut, also vor dem Revanche-Wettkampf in Sveti Stefan gegen GM Spassky. Ich wusste zum Beispiel auch nicht, dass er dort zunächst einen Vorbereitungswettkampf gegen GM Svetozar Gligoric bestritt.
Was das Buch künstlerisch noch wertvoller macht, sind die vielen Photos, wobei mir besonders die vom Piatigorski-Cup aufgefallen sind. Ich würde mal schätzen, dass das Buch sicher 100 Abbildungen hat, all natürlich in schwarz-weiß.
Fassen wir zusammen: das Buch ist wirklich in jeder Hinsicht empfehlenswert, ein klarer Kauf, und erhält somit in dieser Besprechung 5 von 5 Sternen!
Mir fällt eine Episode ein, als Fischer Evans schalt, zu oberflächlich zu analysieren: „You can’t fool me a bit“.
Evans hatte eine Stellung in seiner Kolumne als remis gewertet, die aber recht schnell durch Zugzwang für Weiß verloren gegangen wäre, trotz schlechtem Läufer des Schwarzen.
Fischer war oft sehr harsch, wenn jemand oberflächlich analysiert hatte.
Vielen Dank für die informative Rezession. Diese interpretiere ich als klare Kaufempfehlung.
Die Einführung einer Rubrik „Rezension von Schachbüchern“ finde ich sehr gut.
Für den durchschnittlichen Vereinsspieler wie mich ist es oft schwer abzuschätzen ob ein Buch für mein Spielniveau geeignet oder zu schwierig ist.
Deswegen als Anregung; wenn möglich wäre eine Einschätzung ab welcher Spielstärke das Buch in etwa geeignet ist hilfreich.
Da es sich hier im wesentlichen um eine Biographie handelt, wenn auch mit 99 kommentierten Partien, eignet sich das Buch vor allem für historisch Interessierte.
Über Fischer habe ich jedes denkenswerte Buch erworben, ebenso übrigens im Kunstbereich über Picasso.
In Paris im Picasso-Museum habe ich mein letztes Geld einst für eine weitere Biographie ausgegeben, da durfte bis zum Abflug nichts mehr dazwischen kommen!
Fischers Genauigkeit ist mittlerweile durch Carlsen mehr als gedopt worden. Aber für seine Zeit war Fischer phänomenal.
Etwas störend ist tatsächlich die bis heute vor allem in den USA andauernde und übermäßige Heldenverehrung von Bobby Fischer. Da gibt es wirklich Fans, die davon überzeugt sind, dass er bis heute der genialste Spieler aller Zeiten war. Dabei wäre er vermutlich schon von Kasparow im Match geschlagen worden, ganz sicher aber vom genialen Magnus Carlsen. Ein weiser Satz dazu lautet: man kann immer nur die Spieler ihrer Generation miteinander vergleichen. Rückwirkende Vergleiche sind sinnlos.
Die Glorifizierung von besonders Kreativen stört eigentlich immer.
Es gibt da keinen Gott.
Im Schach muß man auch immer bedenken, welche Aura ein Spieler mitbringt. Diese besondere Aura hatten alle Grössen wie Fischer, Karpov , Kasparov.
Ich erinnere ein Szene, in der Fischer den Turniersaal betrat. Das wirkte recht einschüchternd.
Die ganz jungen Spieler, die heutzutage sehr früh übers Internet geschult sind, haben wohl wenig Angst vor Carlsen und können weitestgehend ihre Möglichkeiten zeigen.
Mir gefällt das Buch auch ausnehmend gut.
Erwähnt werden sollte allerdings, dass es sich nicht um eine gewöhnliche Biographie handelt, sondern um ein Werk, das gezielt weniger erforschte Momente von Fischers Schachkarriere beleuchtet, dabei beispielsweise bislang unbekannte Partien mitteilt und auch sonst viel Neues bietet. „Bobby Fischer für Fortgeschrittene“ sozusagen.