
Symbolbild Fair Play. KI von Grok
Wir müssen zugeben, dass uns Blitzschach auf einem Online-Server (früher ICC, jetzt Lichess) schon immer großen Spaß bereitet hat. Auch chess.com haben wir übrigens nie gespielt, einfach aus dem Grunde, dass wir uns an die anderen Server gewöhnt haben.
Doch wenn man liest, wie hoch der Missbrauch auf diesen Servern ist, dann ist man erst Mal schockiert: Chess.com veröffentlich dankenswerterweise Monatsstatistiken zum Thema Fair Play (eigentlich müsste es lauten: unfair play).
Da liest man in der Statistik vom September 2025 folgende erschreckende Zahlen:
- knapp 970.000 Reports (über möglichen Missbrauch) wurden erstellt
- knapp 125.000 Konten wurden in nur einem Monat gesperrt
- 2.100 Konten wurden stummgeschaltet
- immerhin 11 Titelträger*innen waren betroffen
- knapp 250.000 Konten wurden wegen Missbrauch geschlossen
- und über 36 Millionen Elopunkte wurden erstattet

Es ist zwar richtig, dass das eher ein Problem der unteren Spielstufen zu sein scheint, und wahrscheinlich sind da auch viele Kids dabei. Aber die Höhe der Zahlen ist doch erschreckend. Wie kann es sein, dass ein Spiel, das so ein hohes Ansehen wie Schach hat, so massiv missbraucht wird? Und welche Befriedigung, welchen Nutzen schöpfen die Cheater daraus?
Wie viele aktive Mitglieder hat chess.com? Die Frage ist nicht ganz einfach zu beantworten. Im Dezember 2022 wurde gemeldet, dass die Grenze von 100 Millionen Mitgliedern überschritten wurde, und vor 8 Monaten, also Anfang 2025 wurde sogar gemeldet, dass 200 Millionen Mitglieder erreicht wurden. Jedoch sind das natürlich nicht die aktiven Mitglieder, sondern die meisten davon passiv.
Darunter befinden sich übrigens „nur“ etwa 1,5 Millionen zahlende Abonnenten (Premium-Nutzer) im Jahr 2025!
Die Zahl der aktiven Nutzer wird von chess.com mit etwa 10 Millionen pro Tag oder Monat angegeben (was sich ein bisschen widerspricht).
Dann liegt die Betrugsquote bei etwa 1 bis 2,5 Prozent, je nachdem von welcher Zahl man ausgeht, also 100.000 bis 250.000 von 10 Millionen. Wir meinen, dass das eine ziemlich hohe Quote ist, und machen Schachspielern die Lust auf Online-Schach vergällt. Hier wird die Anonymität im Netz schamlos ausgenutzt.
Auch auf Lichess bekommt man übrigens einigermaßen regelmäßig Wertungspunkte erstattet, die man durch Cheater verloren hat. Das pasiert selbst auf einem Niveau von 2400 und 2500 Elo, wenn auch eher als Ausnahme.
Ein weiteres Problem auf den Servern ist die dummdreiste Ansprache. Immer wieder bekommt man Nachrichten von irgendwelchen selbsternannten Clubbetreibern, die möchten, dass man sich ihrem Online-Verein anschließt.
Oder noch schlimmer, der Gegner textet einen während der Partie zu. Einmal haben wir erlebt, dass der Gegner schon im ersten Zug schrieb: no engines please! Das war schon etwas beleidigend, denn wir nutzen natürlich nie Engines, denn wir können von Natur aus gut Schach spielen. Nachdem er sich dann in laufender Partie noch vier mal meldete, wurde er sofort nach der Partie blockiert.
Auch das ist natürlich das Gegenteil von Fair Play, denn bekanntlich ist es während der Partie verboten, den Gegner zu stören.
Um es zusammenzufassen, Cheating ist und bleibt leider im Online-Schach ein großes Problem, sowohl für die Betreiber als auch für die Nutzer von Schachservern. Ein richtiges Gegenmittel wurde hier noch nicht gefunden, denn die Sperren und Erstattungen von verlorenen Elopunkten erfolgen immer erst im Nachhinein. Im Grunde müsste eine Partie schon mittendrin abgebrochen und nicht gewertet werden, wenn starker Engine-Verdacht besteht. Umgekehrt darf das natürlich nicht dazu führen, dass sich Fehlentscheidungen häufen, denn es kommt schon mal vor, dass man eine Partie weitgehend fehlerfrei spielt, auf höherem Elo-Niveau natürlich.