Wer schon in den 70erm oder 80ern schachlich aktiv war, dem fallen einige Unterschiede zum heutigen Schach auf, uns es sind mehr als man denkt!
1. Es gab noch Hängepartien. Dies wurden erst Anfang der 90er abgeschafft. Eine schreckliche Zeit, oft wurde die Partie nach dem 40. Zug unterbrochen, und erst am nächsten Tag fortgesetzt. Manchmal wurden sie noch ein zweites Mal aufgehängt!
2. Man rauchte und man trank. Heute völlig unvorstellbar: man konnte während der Partie rauchen, und evtl. sogar ein Bier trinken. Die Gaststuben in denen die Vereine spielten, waren oft völlig verraucht.
3. Schachuhren waren ausschließlich analog und nicht digital. Es gab auch keine Zeitzugabe pro Zug, denn man hätte es technisch gar nicht abbilden können.
4. Die Bedenkzeiten waren länger. Niemand hätte damals „Fischer kurz“ gespielt, also 90+30 Minuten mit Zeitzugabe pro Zug. Man spielte entweder 40 Züge für 2 Stunden plus 1 Stunde Rest oder noch früher 40 Züge in 2,5 Stunden. Im Schnellschach waren 20 oder 30 Minuten pro Spieler üblich.
5. Turniere konnte man nicht online verfolgen (schon gar nicht mit Live-Kommentaren), natürlich weil es kein Internet gab. Man spielte die Partien aus Schachzeitschriften nach. Oder man kam mal an ein Turnierbulletin.

6. Die FIDE-Rangliste mit den Elozahlen erschien gedruckt nur alle 6 Monate, und die Elo-Zahlen waren auf 0 oder 5 gerundet. Es gab keine Elo für Schnellschach und Blitzschach.
7. Es gab noch die Ingo-Zahl und keine DWZ. Man konnte sie mit einer Formel auch in Elo umrechnen.
8. Niemand wäre auf die Idee gekommen, in der Schachbundesliga mit einem Mannschaftsdress anzutreten. Heutzutage ist es vorgeschrieben.
9. Schachvereine hatten keine Homepage und keine E-Mail. Logischerweise. Es war gar nicht so einfach, einen guten Schachverein zu finden.
10. Es gab keine Notebooks und kein Chessbase. Erschwingliche Notebooks gab es etwa ab 1990, und Chessbase ab 1985. Man bereitete sich anders vor, zum Beispiel über den Informator oder die Schachenzyklopädie. Oder gar nicht.
11. Man konnte rochieren, indem man erst den Turm zog, und dann den König. Dann wurde die Regel so geändert, dass man erst mit dem König ziehen musste.
12. Es gab viel mehr Wochenendturniere, zumindest wenn man in der Großstadt lebte. Es war schachlich mehr los als heute. und die Vereinsabende waren viel besser besucht. Heute bleiben die Leute zu Hause, und blitzen im Internet.
13. Schiedsrichter mussten nicht lizenziert sein, heutzutage geht nix mehr ohne, jedenfalls in den höheren Ligen. Oft war auch die Kompetenz der Schiedsrichter zu bemängeln.
14. Man hatte keinen Schachtrainer, vielleicht mit Glück, wenn im Verein ein erfahrener Spieler bereit war, sein Wissen weiterzuvermitteln. Heutzutage gibt es eine Vielzahl von lizenzierten A-, B- und C-Trainern. Ein junger Spieler, der sich entwickeln möchte, hat oft sogar mehrere Trainer.
15. Natürlich konnte man auch nicht mit dem Handy betrügen, aber es gab trotzdem schon Betrug, zum Beispiel indem man mit anderen Spielern über die Partie sprach oder das Ergebnis vor der Partie absprach.
16. Es gab viel weniger Titelträger. Als ich 1991 Großmeister wurde, gab es keine 500 Großmeister auf der Welt. Heute sind es über 1800. Entsprechend waren die Konditionen für Großmeister und Internationale Meister auf Turnieren auch viel besser. Der FIDE-Meister wurde übrigens erst 1978 (Männer) und 1980 (Frauen) eingeführt.
17. Man teilte die Jugendlichen in drei Gruppen ein: A-Jugendliche (U20), B-Jugendliche (U16) und C-Jugendliche (U14) ein. Heute gibt es 7 Altersklassen von U8 bis U20. So wurde ich 1980 noch B-Jugendmeister.
18. Ein Turnier im Ausland war etwas ganz besonderes (wenn man nicht nah an einer Grenze lebte). Man freute sich sehr drauf, wenn man im Ausland spielen durfte. Heutzutage ist es völlig normal geworden.
19. Man konnte Eröffnungen ohne große Vorbereitung spielen, es gab viel weniger Theorie. Es gab auch viel weniger Schachbücher.
20. Das allgemeine Schachniveau sich stark gehoben. Als starker Spieler konnte man relativ locker gegen Schwächere gewinnen. Heutzutage ist es auch für starke Spieler ganz anstrengend geworden Partien gegen schwächere Gegner zu gewinnen.
21. Früher wurden Partien nach Partieende gerne von Hand und mit dem Gegner analysiert, heutzutage geht man sie oft nur noch mit der Engine durch.
22. Das Frauenschach hat große Fortschritte gemacht, es gibt viel mehr Frauenturniere, und viel mehr stärkere Spielerinnen, auch viel mehr Titelträgerinnen.
23. Fernschach oder Korrespondenzschach ist zum Randgebiet für Freaks geworden, weil fast alle Partien aufgrund von Computeranalyse Remis werden. Früher mal war es ein Genuß, Fernschach zu spielen!
24. Etwas klobige Schachcomputer waren in den 80ern und 90ern sehr populär. Heutzutage spielt man Partien am Smarthandy nach und analysiert sie gleich noch dazu.
Am Ende dieser Betrachtung kann man sich tatsächlich fragen, was hat sich eigentlich im Schach nicht verändert? Naja vielleicht nur die Grundregeln!