
Logo Schachbuch-Rezension (KI by Gemini)
Im März 2025 ist ein neues Schachbuch (auf englisch) erschienen, das mich fasziniert, nämlich die Autobiographie von Susan Polgar. Übrigens habe ich es weder bei Chessware gefunden noch bei Niggemann, dafür aber bei Thalia oder beim Hugendubel. In dreifacher Ausführung – gebunden, kartoniert und als Download – ich habe mich für letzteren entschieden.
Das Buch ist offensichtlich eine Abrechnung in mehrfacher Hinsicht – mit einer männlich geprägten Schachszene, die anfangs kein Verständnis für den sagenhaften Aufstieg der Polgar-Mädchen hatte, mit dem kommunistischen System in Ungarn, das ihnen beim schachlichen Aufstieg Steine in den Weg legte, und mit dem teilweise noch verbreiteten Judenhass, denn die Polgars kommen aus einer jüdischen Familie. Ich meine, schon das Titelbild zeigt, dass sie es nicht ganz einfach hatte auf ihrem Lebensweg.
Hier ein Auszug von Rezensionen, Quelle Chessbase.de
- „Susan Polgar hat mit „Rebel Queen“ mehr als nur eine Schachgeschichte geschrieben. Es ist eine schöne und manchmal heroische Geschichte über Beharrlichkeit gegen alle Widerstände, über Feminismus im Angesicht der Widrigkeiten und über die Macht, auf dem Schachbrett des Lebens die richtigen Züge zu machen.“ – Keith O’Brien, Bestseller-Autor der New York Times.
- „Susan Polgars Weg aus den Tiefen Ungarns zur Zeit des Kalten Krieges bis in die höchsten Sphären des professionellen Schachs ist ebenso fesselnd wie inspirierend. Vor ihrem unglaublichen Aufstieg galt es als wissenschaftliche Tatsache, dass Frauen nicht in der Lage sind, herausragende Leistungen im Schach zu erbringen. Susan hat immer wieder das Gegenteil bewiesen. Dies sind nicht einfach nur Memoiren. „Rebel Queen ist die Entstehungsgeschichte einer wahren Superheldin“. – Gal Gadot, israelische Schauspielerin.
- „Als erste Autobiografie einer Schachweltmeisterin ist Rebel Queen die faszinierende und magische Geschichte eines kleinen ungarischen Mädchens, das in der repressiven Sowjetzeit aufwächst und sich im Alter von drei Jahren aufmacht, die größte Schachmeisterin der Welt zu werden – und es schafft! Katherine Neville, New York Times.
- „Rebel Queen enthüllt ehrlich und einfühlsam das Innere eines außergewöhnlichen Geistes. Ich kenne Susan Polgar seit mehr als 40 Jahren.Sie ist eine der größten und einflussreichsten Persönlichkeiten – Meisterin, Mentorin, Autorin, Macherin – in der Geschichte des Schachs. Und wie diese fantastischen Memoiren zeigen, ist sie auch eine meisterhafte Geschichtenerzählerin. Ihr Leben ist buchstäblich ein Spiel, das alles verändert.“ – Lev Alburt, Großmeister.
- Ich habe mich manchmal gefragt, woher Susan ihre Kraft und Motivation nahm, weiterzukämpfen. Vielleicht hatte das etwas mit ihrem familiären Hintergrund zu tun. Alle Großeltern von Susan waren Überlebende des Holocaust. Leider haben viele Mitglieder ihrer Familie den Holocaust nicht überlebt. Aus ihrer Familie, aus dieser gemeinsamen Geschichte, schöpft Susan ihre eiserne Entschlossenheit. Sie ist eine Kämpferin. Eine Kriegerin. Eine großartige Frau. Eine Mutter. Eine Ehefrau. Und ich bin sehr stolz darauf, sagen zu können, dass sie auch meine Freundin ist. GM Seirawan im Vorwort.
Mit dem Buch verknüpft ist natürlich auch die große Frage, wie es die drei Polgar-Schwestern geschafft haben, wie aus dem Nichts in eine reine Männerdomäne (zumindest dachte man das bis dahin) einzubrechen. Die Antwort darauf ist sicher in dem Buch zu finden. Natürlich durch einen rigiden Trainingsplan und auch viel Talent, das ihnen mitgegeben wurde. Ich finde es bis heute sehr unglücklich, dass diese doch eigentlich entscheidende Frage nie näher untersucht wurde, jedenfalls nicht systematisch oder wissenschaftlich. Man hat die Tatsache einfach zur Kenntnis genommen. Und im Grunde haben nur die Chinesinnen (wohl auch mit einem rigiden Trainingsplan) ähnliche Ergebnisse erreicht. Nun aber berichtet Susan (Zsusza) direkt aus der Praxis, also aus ihrer Kindheit und Jugend.
Nun muss man sagen, dass es zur damaligen Zeit (vor 40 Jahren) eher unüblich war, so früh mit Schach zu beginnen, wie die Polgar-Schwestern. Susan schreibt: „I first discovered chess one afternoon just shy of my fourth birthday.“ (kurz vor meinem vierten Geburtstag entdeckte ich eines Nachmittags Schach).
Wichtig ist auch zu wissen, dass Vater Polgar sich schon in jungen Jahren intensiv mit dem Thema „Genialität“ auseinandersetzte. Zitat: „My father was obsessed with the idea of genius since long before he was my father. He thought about it more than almost any other subject… He spent whatever free time he had at the library, reading all he could about the psychology of high achievement and investigating the lives of his favorite minds.“
Spannend ist auch, dass Susan das Spiel selbst gewählt hat, Zitat: „Neither of my parents had any real interest in the game before I came along. My mother didn’t even know how to play. My father went through a chess phase as a teenager, but he mainly took up the game to impress a girl (a fact I only recently learned from him).“
Und auch ein Bezug zur Schachweltmeisterschaft 1972 in Reykjavik findet sich: „It just so happened that around the time I dragged that old chess set out of hiding, the game was having a cultural resurgence. It was 1973, less than a year after a young grandmaster from Brooklyn named Bobby Fischer had become a global celebrity with his historic World Championship victory over the Soviet Boris Spassky.“
Wie lautete nun also die Trainings-Philosophie von Laszlo Polgar? Susan zeigt sie auf: „By then, my father had already figured out the fundamentals of his teaching philosophy, an approach he would summarize as “genius = labor + luck + favorable circumstances.“
So einfach ist das: harte Arbeit plus Glück plus günstige Umstände. Wahrscheinlich hat jeder gute Schachspieler dieses Umfeld gehabt. Vielleicht sollte man statt „Glück“ besser „Talent“ schreiben, denn ohne Talent wird man kein guter Schachspieler. Das Talent war wohl schon in der Familie da, und wurde daher nicht so stark wertgeschätzt.
Extrem wichtig im Lernprozess ist natürlich auch das Prinzip Motivation: „when I showed even small signs of improvement—by finding a creative move or solving a difficult puzzle—he’d gush with praise. “Fantastic!” or “Amazing!” he’d shout. This was more than just fatherly pride, although I’m sure that was part of it. Positive reinforcement was instrumental to his approach to teaching.“
An dieser Stelle könnte man noch ewig weiter erzählen, aber das Buch will ja auch gelesen werden, und so machen wir hier einen Break – auf Seite 10 von 346. Es wird sicher noch viel Spannendes zu lesen geben!
Dieses Buch trifft genau meinen Geschmack, und ich hoffe, dass es sich am Markt etabliert, und viele Leser finden. Prädikat: 5 von 5 Sternen für jeden ambitionierten Schachspieler!
Gerald Hertneck
Nachtrag: ich fand das Buch so spannend, dass ich gestern die ersten 200 Seiten am Stück gelesen habe!
Ich habe mir das auch heruntergeladen.
Eine gute Zeitlang habe ich auch ihre Kolumne gelesen.
Persönlich traf ich sie mal in einem Blitzturnier, das Bamberg anlässlich ihres Besuchs veranstaltet hatte.
Habe das Buch unlängst zuende gelesen.
Ein Leben voller Herausforderungen, manchmal „bis zur Halskrause“.
Ich fand dieses Leben schwer – und extra schwer, alles im Umfeld unter einen Hut zu bringen.
Ich liebe auch Schach, dennoch ist mir diese Unbedingtheit irgendwo fremd. Immerhin ist sie auch eine Sprachbegabung!
Ich denke, dass sich Sportlerbiographien ähneln – las einst ein Buch von Seb Coe, dem Wunderläufer von 800 m – Meile. Das war absolutes dedicated sein.
Spannend an dem Buch war auch, daß einige Namen ab 2000, die heute noch die Schachszene bestimmen, in ihrem Buch auftauchen.
Ich hoffe, daß Susan nach ihrem Sturz ein gutes Leben führen kann.