September 15, 2025

14 thoughts on “DDD – DWZ datenbasiert durchleuchtet

  1. Ein ganz hervorragender Artikel, zu dem man den Autor nur beglückwünschen kann!
    Es ist wichtig, Schach nicht nur im Hinblick auf die Spitze zu untersuchen (leider allgemein der Standard), sondern bei der breiten Masse anzusetzen, wenn man brauchbare Erkenntnisse gewinnen will. Die DWZ-Untersuchung liefert noch weit bessere Aufschlüsse als solche auf der Basis von Elo.
    Das größere Gender Gap in den unteren Alters- und Spielstärkeklassen kann ich aus verschiedenen eigenen Untersuchungen bestätigen und sehe es gerade wieder bei einer Analyse im Bereich u8w, an der ich arbeite. Mädchen starten dort bereits wesentlich schwächer als Jungen. Dies zeigt nicht nur die Rating Auswertung, sondern auch die Fehlerquote der Partien, also die reale Spielpraxis.
    Die Girls, die wirklich interessiert sind, können dann in den folgenden Jahren die Lücke verkleinern, die anderen hören auf.
    Interessant fand ich auch, dass die Anzahl der aktiv spielenden Mädchen / Frauen von 2016 auf 2025 mit ca. 3.400 trotz der Bemühungen zum Frauenschach fast gleich geblieben ist!?

  2. ich finde den Beitrag wirklich brilliant, und auch sehr überraschend in den Ergebnissen. Was ich zunächst nicht ganz verstehe, dass so viele Schachspieler bei dir rausfliegen, dass sich die Zahl der untersuchten Mitglieder fast halbiert

    Also, es gibt drei Ausschluss-Kriterien, die zur Reduzierung der Spieler/innen führen:
    – Nur aktive Mitglieder von Schachvereinen (passive werden herausgefiltert)
    – Nur FIDE-Land GER (die Legionäre werden herausgefiltert)
    – Nur Spieler(innen) mit DWZ (Spieler ohne Wertungszahl werden herausgefiltert)

    Und diese drei Kriterien reichen aus, um von 96822, (gerundet 97.000) auf „48763 Männer und 3376 Frauen“, in Summe also rund 52.000 zu kommen? Da muss man sich doch fragen, woran liegt das in erster Linie? Zu viele Doppelmitgliedschaften vermute ich, denn die anderen beiden Kriterien sind wohl mengenmäßig nicht so stark ausgeprägt. Oder gibt es 5% bis 10% der Mitglieder ohne DWZ? Und so viele Ausländer werden auch nicht in der Liste geführt sein…. Kurzum, wie kommt es zum Schwund von 45.000 Mitgliedern? Das sollte aus meiner Sicht im Artikel noch näher erläutert werden, denn sonst wirkt es ein bisschen unglaubwürdig, dass ab Beginn der eigentlchen Untersuchung so viele fehlen…

    Also konkret gefragt: fallen vielleicht 30000 Passive Mitglieder raus, und der Rest verteilt sich auf die beiden anderen Kategorien?

    Des weiteren stellt sich dann hier wirklich die Frage, was eigentlich die Mitgliederstatistik des DSB wert ist. Wir waren bisher daran gewöhnt, dass die Marke von 100.000 Mitgliedern das Ziel ist. Nun sind es auf einmal nur noch die Hälfte, wenn man anders zählt? OK die Spieler ohne DWZ kann man hier natürlich mitrechnen, aber schon bei den ausländischen Spieler*innen wird es fragwürdig, denn es sind ja keine Spieler des DSB. Und bei den passiven Mitgliedern liegt der Fall ganz klar: ein Spieler kann und darf in der Mitgliederstatistik nicht doppelt gezählt werden, daher sollten eigentlich immer nur die Zahlen der aktiven Spieler miteinander verglichen werden!

  3. Inzwischen habe ich herausgefunden, dass 7.842 passive Mitglieder im Bestand enthalten sind, das sind also diejenigen Spieler, die in mehr als einem Verein Mitglied sind, und für die Mitgliederstatistik nicht dppelt gerechnet werden sollte,. Davon 962 Frauen und 6.879 Männer. Aktive Spieler gibt es also „nur“ 89.410.

    Wo kommt also die Masse der Spieler her, die aus der Auswertung rausfallen? Es sind definitiv die Spieler ohne DWZ! Von den aktiven Mitgliedern des DSB haben nur 66.611 eine Wertungszahl! Somit haben also rund 22.800 Mitglieder des DSB keine Wertungszahl! Das ist ein erstaunlich hoher Anteil! Man stellt sich sofort die Frage: wieso sind es so viele? Die Antwort liefert die Zusatzauswertung nach der letzten Auswertung. Immerhin etwa 9.000 haben eine letzte DWZ-Auswertung, aber noch keine DWZ-Zahl. Und vom Rest sind 5.711 Spieler*innen im Jahr 2015 oder später geboren, also maximal 10 Jahre alt.

    Zu guter Letzt untersuchen wir das Inländer-/Ausländer-Verhältnis. Von 97.251 Spielern sind nur 54.757 mit dem Zusatz GER vermerkt, das ist ein Anteil von 56%. Aber hier kommt der Haken: es gibt nämlich noch das Fragezeichen, das sind die Spieler, deren Nationalität ungeklärt ist. Und das sind etwa 18.700 Spieler*innen! Dazu noch mal 13.100 Spieler mit leerem Eintrag bei Nationalität. Somit macht die DWZ-Liste bei über 30.000 Spieler*innen keine Angabe zur Nationalität.

  4. Und hier noch eine Auswertung zur Nationalität, nachdem ich einen weiteren Filter entdeckt habe:
    – 61.493 aktive Spieler mit Kennzeichen D wie deutsch
    – 1.394 aktive EU-Ausländer
    – 3.126 aktive Nicht EU-Ausländer
    – 27 gleichgestellte Spieler (=Schachdeutsche)
    – 15.532 Spieler*innen ohne Angabe zur Nationalität, davon definitiv 1.000 Nichtdeutsche
    – 7.828 weitere Spieler*innen ohne Angabe zur Nationalität, davon mindestens 3.854 nichtdeutsche Spieler*innen

  5. Wie hoch ist nun also im Ergebnis die Anzahl der aktiven deutschen Spieler mit DWZ? Wieder setzen wir Filter in der Excel-Tabelle:
    – 66.611 Aktive Spieler*innen mit DWZ (Deutsche und Nichtdeutsche)
    – 53.054 Spieler*innen davon mit Kennzeichen D wie deutsch
    Aber da nicht bei allen Deutschen Kennzeichen D gesetzt ist, muss man noch weiter filtern
    – 51.843 aktive Spieler*innen mit Land GER und variablem Kennzeichen
    – 45.564 aktive Spieler*innen mit Land GER und Kenzeichen D

    Wie hoch ist dann letztendlich der „deutsche“ Frauenanteil?
    3.343 Frauen mit Kennzeichen GER von 51.843 Spielern ebenfalls mit Kennzeichen GER!
    Das entspricht einem Anteil von nur 6,4 %.

  6. Hier noch ein letzter Kommentar, und eine letzte Auswertung: Wie hoch ist die Anzahl der aktiven Frauen mit DWZ, und Nationalität GER (also die inländischen aktiven Spielerinnen mit DWZ) und dem Kennzeichen D wie deutsch? Die Zahl wird immer kleiner, denn es sind nur noch 2.670 Spielerinnen. Jetzt möchten wir noch wissen, wie viele Spielerinnen davon über 2.000 DWZ haben. Es sind noch 84 Spielerinnen! Und wenn man davon die besten 5 herausgreift, dann hat man die Nationalmannschaft beisammen:
    Pähtz,Elisabeth
    Wagner,Dinara
    Klek,Hanna Marie
    Safarli,Josefine
    Schulze,Lara

  7. Mir war aus einer früheren Auswertung der DWZ-Statitstik durch Mathias Heinrich (mit Ausklammern der „Legionäre) bekannt, dass es eine Menge de facto inaktiver (im Sinne von nicht wirklich spielenden) Mitgliedern gab, ich denke, es waren damals ca. 20.000. Wenn man in die DWZ-Listen von Vereinen schaut, findet man immer am Ende eine ganze Reihe von Spielern ohne DWZ, die also kaum als echt aktive Klubmitglieder betrachtet werden können oder in Jugendgruppen außerhalb der Vereine organisiert sind, also zum Vereinsleben / Vereinsabend wenig beitragen.
    Das lässt viele Schachvereine noch weniger attraktiv erscheinen und man muss sich wundern, was an den fast 100.000 Mitgliedern des DSB wirklich dran ist. Wieviele davon sind „Potemkinsche Mitglieder“, die lediglich die statistischen Daten schönen?

    1. Dafür haben wir wirklich viele prominente „DWZ-Mitglieder“, wenn ich so die Liste von oben anschaue…
      A Carlsen,Magnus
      A Gukesh,Dommaraju
      A Abdusattorov,Nodirbek
      A Nakamura,Hikaru
      A Erigaisi,Arjun
      A Firouzja,Alireza
      A Praggnanandhaa,Rameshbabu
      A Wei,Yi
      A Sindarov,Javokhir
      A Giri,Anish
      A So,Wesley
      A Aronian,Levon
      A Mamedyarov,Shakhriyar
      A Fedoseev,Vladimir
      A Aravindh,Chithambaram VR.
      A Duda,Jan-Krzysztof
      A Vidit,Santosh Gujrathi
      A Maghsoodloo,Parham
      P Caruana,Fabiano
      usw.

  8. Nach den Zahlen von Gerald Hertneck haben z.Zt. 22.800 Vereins-Mitglieder keine DWZ. Solche Mitglieder gibt es in nahezu jedem Verein.

    Dazu ein Beispiel: Der zahlenmäßig größte Schachverein Deutschlands, die Magdeburger Schachzwerge, führt gegenwärtig 781 Mitglieder in seiner Liste. Davon haben nur 73 , d.h. noch nicht mal 10 %, eine DWZ, der ganze Rest hat entweder nur Restpartien oder noch nie eine gewertete Turnierpartie gespielt. Darunter befinden sich vermutlich einige hundert „Karteileichen“.

    Zum Vergleich: Der zweitgrößte Verein, der Hamburger SK, hat z.Zt. 730 Mitglieder. Davon haben 498 eine DWZ

    1. Henning Geibel kennt sich im Seniorenschach gut aus aber wohl nicht im Jugendbereich. Schachzwerge Magdeburg ist, wie der Name suggeriert und nach eigener Aussage, (fast) ein reiner Kinder- und Jugendverein. Wenn man im Datensatz nach VKZ (Vereinskennzahl) G0353 filtert und ein bisschen herumspielt sieht man was da los ist:
      Nur 13 Mitglieder mit Geburtsjahr im letzten Jahrtausend – praktisch alle passiv und aktive Mitglieder von SG Aufbau Elbe Magdeburg. Das sind wohl die Trainer. 15 weitere Baujahr 2005-2009, und der ganze große Rest 2010 und danach geboren. Einige sind vielleicht „Karteileichen“ – wobei gerade junge Jugendliche mitunter auch mal abtauchen und dann nach Monaten wieder auftauchen, oder eben auch nicht. Der Frauen/Mädchenanteil ist übrigens mit 205 von 780 durchaus beachtlich.

      Mir waren die Schachzwerge Magdeburg ein Begriff, da meine Kids von Tarrasch München zu Corona-Lockdownzeiten oft bei deutschlandweiten Jugendturnieren auf Lichess gegen sie spielten. Neben Masse haben sie durchaus auch Klasse: bei den Deutschen Jugend-Vereinsmeisterschaften 2024 waren sie mit vier Teams vertreten: https://www.deutsche-schachjugend.de/2024/dvm/lv/sachsen-anhalt/ . Das Projekt gibt es seit 2009 – wenn Spieler(innen) erwachsen werden gehören sie nicht mehr zur Zielgruppe und landen wohl bei anderen Schachvereinen.

  9. Diese Zahlen zeigen, wie wichtig es ist, vor angedachten großen Aktionen die Fakten zu ermitteln. Vor einigen Monaten wurde z.B. angedacht,auf Dauer ein Frauen-Brett in Mannschaften aller Spielklassen einzuführen. Ich wies schon an anderer STelle darauf hin, dass für die ca. 5.000 Mannschaften gar nicht genug Frauen vorhanden sind, zumal ja nicht alle Sonntags Mannschaftskämofe spielen können oder wollen und manche einfach zu jung sind. Würde dies strafbewehrt zur Pflicht (Frauenbrett unbesetzt = 0:8) und selbst wenn nicht, hätte es ein Mannschaftssterben und damit manchmal auch ein weiteres Vereinssterben bewirkt.
    Auch das Projekt zur Mädchenförderung krankt am Realitäscheck. Woher sollen die Frauen kommen, die in den Vereinen Bezugspersonen oder sogar Trainerinnen sein könnten? Das sichere Umfeld schaffen können?
    Es ist traurig, dass ein Denksport-Verband und seine Mitglieder oder Sympathisanten nicht in der Lage sind, die jeweilige Situation gedanklich zu durchdringen.

    1. Das Durchdenken passiert eben gerade in der Praxis nicht, denn für Manche scheint es das wichtigste zu sein, einfach mal einen Antrag auf den Weg zu schicken, um den Kongress oder Hauptausschuss damit zu beschäftigen. Mag sein, dass dabei auch ideelles Engagement damit verbunden ist, aber wenn man als Delegierter Jahr für Jahr wieder und wieder mit Anträgen aller Art konfrontiert wird, dann stellt sich bei manchen Delegierten ein Gefühl der Ermüdung ein….

  10. Einige Anmerkungen – für einen wissenschaftlichen Artikel wäre das „supplementary information“, oft länger als der Artikel selbst. Gerald Hertneck hat ja schon herausgefunden, dass jede(r) das selbst überprüfen kann. Wenn er nicht genau dieselben Ergebnisse hat wie ich ist es vermutlich eine neuere Version der kompletten DWZ-Liste – derzeit wird das täglich(!) aktualisiert: https://www.schachbund.de/dwz-archiv-downloads-dsb.html
    Ob sich da täglich etwas ändert (jeden Tag wird irgendein Turnier ausgewertet?) oder ob das eben täglich automatisch generiert wird sei dahingestellt.

    Bei FIDE-Land wird offenbar, wenn nicht „offiziell bei der FIDE bekannt“, teils „irgendwas“ eingetragen oder auch nichts bzw. ?. Das entscheidet offenbar der für Anmeldung auf Bezirksebene zuständige Mitgliederreferent „nach eigenem Ermessen“. Da ich für Tarrasch München auch mal neue Mitglieder anmeldete und die Emails noch habe weiß ich, was im Bezirk München gefragt wurde: Vorname, Nachname, Adresse (bei Adresse im Ausland Rückfragen?), Geschlecht, Geburtstag, Geburtsort, Staatsangehörigkeit, Eintrittsdatum – wobei das nicht überprüft wurde (z.B. Scan des Ausweises nicht erforderlich). Der Münchner Referent hat sich im Zweifelsfall für ? entschieden, in anderen Fällen wurde offenbar aus der ausländischen Staatsbürgerschaft auch die fiktive Schachbürgerschaft.

    Ich war ja auch Jugendleiter: im Jugendbereich brauchte man auf überregionaler Ebene Nachweise. Bei einem Neuzugang aus dem Ausland musste ich belegen, dass er zum Zeitpunkt der anstehenden deutschen Meisterschaften seit 12 Monaten in Deutschland wohnen würde. Damit war er dann schon zuvor auf bayerischer (Qualifikations-)Ebene spielberechtigt. In zwei anderen Fällen klärte ich vorsorglich mit den Eltern, dass einer seit Jahren in Deutschland wohnt und einer einen deutschen Pass hat. Es gab Ausnahmeregelungen, später (aber da hatte ich München bereits verlassen) waren ukrainische Flüchtlinge direkt bei deutschen Meisterschaften spielberechtigt.

    Spielberechtigung (andere Spalte in der Excel-Tabelle) mit den Optionen D (deutsch), E (EU-Ausländer), A (Ausländer), G (gleichgestellt) und auch J (in der Readme-Datei nicht definiert) sowie – oder leeres Feld ist nochmal ein anderes Kapitel.
    Top10 mit Status D: Wei Yi, Giri (2016 noch Status E), Aronian, Mamedyarov, Fedoseev, Caruana, Keymer, Kovalenko, Shevchenko, Ding Liren. Aronian spielte ja vor Jahren mal vorübergehend für Deutschland, bei den anderen (außer Keymer) nicht klar warum sie „Deutsche“ sind.
    Top10 mit Status E: Carlsen (Norwegen dabei kein EU-Land), Duda, Rapport, Vachier-Lagrave, Gledura, Yuffa (gilt als Spanier), van Foreest, Navara, Nguyen Thai Dai Van (auch Tscheche), Frederik Svane (dänische Wurzeln und dabei bleibt es?!).
    Naja, das wird nur dann relevant wenn ein Antrag wie von Gerald Hertneck beim DSB-Kongress erfolgreich sein sollte – und dann kann man es wohl überprüfen und ggf. korrigieren?

  11. „Kritik“ zu Spieler(innen) ohne DWZ würde ich jedenfalls stark relativieren. Wenn es diese Gruppe gar nicht gäbe wäre es ein sehr schlechtes Zeichen: Es würde bedeuten, dass es in Vereinen gar keine Anfänger(innen) gibt. Die gibt es eben – vor allem im Kinder- und Jugendbereich, auch bei Erwachsenen (die vielleicht zuvor nur im Internet spielten), und das ist gut so.
    Einige werden vielleicht noch an Turnierschach herangeführt, andere wollen das vielleicht gar nicht – nur vereinsintern, vielleicht nur blitzen, auch das ist legitim.
    Mein aktueller Verein hat 56 Mitglieder, davon 14 (noch) DWZ-lose. Neun haben bereits „Restpartien“, einige sollten ihre erste DWZ bekommen sobald osthessische Ligen der letzten Saison ausgewertet sind (bisher noch nicht der Fall). Bei zwei Spielern stammen die Restpartien aus 2019, das sind wohl „Karteileichen“. Ein anderer hat im Alter von 12 Jahren schon relativ viele Turnierpartien aber noch keine DWZ – bisher hat er gegen Spieler mit DWZ immer verloren bei Erfolgserlebnissen gegen ebenfalls DWZ-lose.
    Man kann jedenfalls nicht pauschal sagen, dass DWZ-lose „nicht wirklich existieren“.

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