
Photo vom Spielsaal
Die Tradition der Normenturniere in Budapest ist durchaus lang, unwillkürlich fällt einem der Name László Nagy dazu ein, der das Geschäftsmodell Jahrzehnte betrieben hat. Doch jetzt gibt es anscheinend ein neues Format unter dem Namen 6 days chess. Veranstaltet von dem jungen Ungarn FM Miklós Halák. Dem Gründer der six days Budapest tournament chess series.
Das Prinzip ist immer das selbe: gegen Zahlung eines Startgelds, das nach Elozahl gestaffelt ist, erwirbt man die Berechtigung, an einem Normenturnier teilzunehmen. Es kann aber auch ein Ratingturnier zum Erwerb einer Elozahl sein. Und wenn alles klappt, dann hat man entweder eine Norm oder eine Elo Halbzahl erzielt. Und wenn nicht, dann nicht! Hier die Staffel der Gebühren.
Zu beachten ist, dass diese Gebühr natürlich zusätzlich zum Zimmerpreis und den Aufenthaltskosten anfällt.
Die Homepage zu der Turnierserie ist durchaus ansprechend und informativ gestaltet. Dort ist auch verzeichnet, wer bereits Normen erzielt hat, und das sind ganz schön viele. Auch gibt es eine Liste aller vergangenen Turnier, rückwirkend bis September 2022.
Einen Nachteil muss man allerdings in Kauf nehmen: um 9 Runden in 6 Tagen zu spielen, muss es drei Doppelrunden geben, und das kann etwas anstrengend werden. Dafür ist das Turnier kürzer und billiger.
Alles in allem hinterlässt das Modell einen interessanten Eindruck, wobei man in dem Zusammenhang auch etwas verächtlich von einer „Normenfabrik“ spricht. Mit anderen Worten: das Turnier ist so konstruiert, dass der Erwerb von Normen erleichtert wird.
Gerade gestern hat dort FM Robert Stein (SG Löberitz) ein solches GM-Turnier gewonnen und dabei seine 2. IM-Norm erzielt.
Ganz neu ist dieses Turnier ja nicht mehr – seit September 2022. Deutsche Spieler haben es bereits entdeckt: neben nun Robert Stein (erste Norm 2019 bei First Saturday auch in Ungarn) haben auch Lars Goldbeck, Hussain Besou, Marius Fromm und Leonardo Costa da IM-Normen erzielt. Costa ist nun GM, Fromm ist IM (bei ihm war Six Days Chess sicherheitshalber die vierte IM-Norm), die beiden anderen haben derzeit zwei IM-Normen und noch nicht ganz Elo 2400.
First Saturday gibt es weiterhin, außerdem Vezerkepzo und damit drei derartige Turnierserien in Ungarn. Sie arbeiten offenbar zusammen (teils dieselben Titelträger, die man für Normen braucht?) oder verlinken sich jedenfalls gegenseitig auf ihren Webseiten. Ähnliche Turnierserien gibt es zumindest auch in Serbien.
„Normenfabrik“ bezieht sich neben der Tatsache, dass man garantiert genug Titelträger bekommt, wohl auch darauf dass diese tendenziell vergleichsweise schwach sind (GMs generell Elo unter 2500). FIDE verlangt nun eine von drei Normen aus einem Nicht-Rundenturnier (generell ein Open mit Schweizer System, z.B. Bundesliga geht auch). Das war offenbar eine Reaktion darauf, dass Abhimanyu Mishra 2021 so lange Normenturniere spielte bis er endlich drei GM-Normen hatte – fünf Turniere in den USA und dann acht in Ungarn (Vezerkepzo und First Saturday, Six Days gab es damals noch nicht). Vor dieser Turnierserie fehlten auch noch gut 160 Punkte zu Elo 2500.
Ja Thomas, ich hatte die Turnierserie erst jetzt entdeckt, und dachte mir es sei sinnvoll, darauf aufmerksam zu machen. Ich finde übrigens die „entry fee“ ziemlich hoch. Und generell mag ich es nicht, mich in ein Turnier einzukaufen.
Es sind eben kommerzielle Turniere: der Veranstalter will Geld verdienen, die GMs bzw. IMs die GM- bzw. IM-Normen ermöglichen werden wohl auch bezahlt – sonst würden sie nicht mitspielen.
Du müsstest Dich also nicht einkaufen, sondern könntest höchstens eingekauft werden. Dabei haben sie offenbar vor allem Ungarn und Serben – einige GMs spielen ständig derlei Turniere und verdienen so wohl jedenfalls einen Teil ihres Lebensunterhalts.
Das Geschäftsmodell ist durchaus etabliert und Nagy und First Saturday wird in der Kommentierung von manchen m. E. zu kritisch gesehen. Wer sich die Mühe macht, der wird herausfinden, dass Fabiano Caruana ich meine fast alle und viele bekannte Inderinnen und Inder Normen dort erspielt haben. Die drei Doppelrunden in der Sixdays-Turnierserie sind sicher eine ziemliche Tortur. Es gibt noch in Griechenland ähnliche Konzepte und in Montenegro (Kroatien?) meine ich gibt es auch so etwas. In Griechenland würde ich es nicht empfehlen nach einer Erfahrung dort – ohne weiter in Details zu gehen. Aber es hat sich bei den Normenanforderungen etwas grundlegend geändert. Während vor etwa zwei Jahrzehnten noch Spieler neben Normen in Schweizer-System-Turnieren immer auch eine Norm in einem Rundenturnier vorweisen mussten, ist das jetzt anders herum. Wer glaubt es sei einfach bei den Turnieren in Ungarn Normen zu machen, der wird feststellen, dass vielleicht der eine oder andere Ungar mit GM- oder IM-Titel die Turnierteilnahme als Halbtagsjob begreift und insofern anfällig ist, aber wegen drohender Eloverluste dennoch kämpft. Dafür sind die anderen Normenjäger oft aufsteigend und liefern keine einfachen Punkte. Es hängt vermutlich am eigenen Stil und ist subjektiv unterschiedlich, ob Normen bei SWISS einfacher zu erringen sind.
Etabliertes Geschäftsmodell, dieser Kommentar trifft genau auf den Punkt. Das Modell gab es nämlich auch schon vor 35 Jahren! ich weiß noch, wie wir zum Schach nach Kecskemet und nach Budapest gefahren sind…