In der aktuellen Folge von „Schachtalk am Sonntag“ sprechen Michael Busse und Jonathan „Jonny“ Carlstedt von den Chess Tigers mit WGM Jana Schneider über ihren sportlichen Weg, ihr Studium, Förderstrukturen, Elo-Druck und aktuelle Entwicklungen im internationalen Schach.
Karriere, Mannschaftsschach und Turnierjahr
Jana wurde mit 14 Deutsche Meisterin und spielt seit vielen Jahren für Bad Königshofen in der Frauenbundesliga, wo sie mehrfach Deutsche Meisterin wurde. Parallel tritt sie für Bavaria Regensburg in der 2. Bundesliga Süd an und ist nahezu immer am Brett, weil ihr Zuverlässigkeit im Team wichtig ist. Ihr Turnierkalender ist eng getaktet: EM der Frauen, grenke, Deutsche Meisterschaft, Normturniere, Einsätze in Norwegen und traditionsgemäß am Tegernsee. Die Planung stimmt sie häufig mit Kolleginnen wie Fiona Sieber und Josefine Heinemann ab.
Studium und finanzielle Bedingungen
Im Psychologie-Master hat Jana ein „Schachsemester“ genutzt, um intensiver zu trainieren. Fachlich beschäftigt sie sich dort ebenfalls mit Schach – von Darstellungsformen online bis zu Auswirkungen des Schachhobbys auf das Arbeitsleben. Eine echte Profikarriere hält sie nur begrenzt für realisierbar, da Preisgelder und Konditionen im Frauenschach kaum tragfähig sind. Zusätzliche Einnahmen entstehen über Training und ChessBase-Videokurse.
Förderung, Powergirls und der neue Kader
Jana berichtet über das frühere Powergirls-Programm, das ihr vor allem hochwertiges Training und Zuschüsse ermöglichte. Gleichzeitig wurden Ziele wenig nachgehalten, und die Einstellung des Programms ohne Weiterentwicklung sieht sie kritisch. Auch das neue Kadersystem, das vom Deutschen Olympischen Sportbund vorgegeben wurde, stellt sie vor Herausforderungen: Statt A-/B-/C-Kadern gelten nun strikte Elo-Grenzen, die für ihre Altersgruppe bei 2350 liegen. Erreicht werden sollen mit dem neuen System vor allem olympische Medaillen. Doch ausgerechnet Jana, die 2022 eine Goldmedaille für Deutschland am 5. Brett gewonnen hat, scheidet dadurch möglicherweise aus dem Kader aus. Das erschwert Nominierungen, da Fördermittel daran gebunden sind.
World Cup und Qualifikationswege
Zum World Cup sagt Jana, das Turnier sei mental extrem belastend – teils ein Monat vor Ort, zunehmende Isolation im Turnierverlauf. Der Turmeinsteller von Andrei Esipenko gegen Wei Yi sei ein Beispiel dafür, wie Erschöpfung und Druck zu Fehlern führen können.

In der Diskussion um die Qualifikation betont Jana, dass aus ihrer Sicht zu viele Startplätze für das Kandidatenturnier über den World Cup vergeben werden. Tie-Breaks im Schnell- und Blitzschach seien zudem problematisch, wenn es um Startplätze im klassischen WM-Zyklus gehe.
Kandidatenturnier, Circuit und chinesisches System
Die Runde spricht über wechselnde FIDE-Regeln und die Frage, ob das aktuelle Kandidatenfeld logisch zustande kommt. Jana hält insbesondere den Wegfall des festen Platzes für den Verlierer des WM-Matches für unglücklich. Zudem beschreiben die Talkteilnehmer das chinesische Modell, in dem viele Spitzenspieler bzw. -spielerinnen nur wenige internationale Turniere bestreiten und später Trainerrollen übernehmen.
Rapid-/Blitz-WM, Dresscode und Ausblick
Abschließend richtet sich der Blick auf die anstehende Schnell- und Blitz-WM. Magnus Carlsen wird trotz vorjähriger Debatten um den Dresscode antreten. Für Jana steigert seine Teilnahme den Wert des Turniers deutlich – Carlsen sei im schnellen Schach der Maßstab, und Siege gegen ihn hätten besonderes Gewicht.
Nächste Woche ist der Schachjournalist Hartmut Metz zu Gast.
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