
Bereits im August 2013 hat die FIDE neue Regularien zur Behandlung von Transgender-Spielern erlassen, die hier zur Vervollständigung der Diskussion zum Transgender-Thema noch einmal veröffentlicht werden, nachdem nun vermehrt Anwendungsfälle auftreten.
Hintergrund
Die FIDE und ihre Mitgliedsverbände erhalten immer häufiger Anerkennungsanträge von einzelnen Mitgliedern, die sich als Transgender identifizieren. Die FIDE wird in ihrem Verzeichnis die Geschlechtsidentität einer Person anerkennen, die mit der Identität übereinstimmt, die sie in ihrem Leben außerhalb des Schachs beibehält UND die von den nationalen Behörden auf der Grundlage eines ordnungsgemäßen rechtlichen und formalen Änderungsprozesses bestätigt worden ist. Die FIDE erkennt an, dass es sich hierbei um ein sich entwickelndes Thema für das Schach handelt und dass neben den technischen Vorschriften zu Transgender-Regelungen in Zukunft möglicherweise weitere Richtlinien im Einklang mit den Forschungsergebnissen entwickelt werden müssen.
REGELN
I. Definition
Trans oder Transgender – Personen, deren Geschlechtsempfinden nicht mit dem ihnen bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt und deren Geschlechtswechsel gemäß den nationalen gesetzlichen Bestimmungen oder in Ausnahmefällen auf Beschluss der FIDE genehmigt wurde. Intersexuelle Menschen, androgyne und polygendere Menschen, Crossdresser und Transvestiten fallen nicht unter diese Begriffe.
II. Persönliche Angaben und FIDE-ID
2.1. Ein bei der FIDE registrierter Spieler erwirbt eine FIDE-ID-Nummer (FIN). Eine Änderung des Geschlechts ist in der Regel kein Grund für die Beantragung einer neuen FIN, es sei denn, es gibt einen besonderen, absolut außergewöhnlichen Grund für die Person, ihre bisherige Identität nicht öffentlich zu machen. Eine solche Entscheidung über die Beantragung einer neuen FIN wird vom FIDE QC getroffen. Im Falle der Erteilung einer neuen FIN wird die alte FIN zu den Akten genommen, so dass der Spieler seine Schachgeschichte nicht löschen kann. Die Entscheidung des FIDE QC kann beim FIDE-Rat angefochten werden.
2.2. Änderungen in der Datenbank können vom nationalen Ratingbeauftragten des Spielers vorgenommen werden. Wendet sich der Spieler direkt an die FIDE, wird der Antrag an den nationalen Verband zur Bearbeitung weitergeleitet. Spielt der Spieler unter der FIDE-Flagge, bearbeitet die FIDE die Angelegenheit selbst und trifft die Entscheidung auf der Grundlage des Nachweises über die Geschlechtsänderung des offiziellen Wohnsitzlandes/Staatsbürgerschaft des Spielers.
2.3. Die Änderung des Geschlechts ist eine Änderung, die erhebliche Auswirkungen auf den Status eines Spielers und seine künftige Teilnahmeberechtigung an Turnieren hat, daher kann sie nur vorgenommen werden, wenn ein entsprechender Nachweis für die Änderung erbracht wird. Bei einer Änderung des Geschlechts im FIDE-System sollte der nationale Rating-Beauftragte von dem Spieler einen ausreichenden Nachweis über die Änderung des Geschlechts verlangen, der den nationalen Gesetzen und Vorschriften entspricht. Dies kann einer der folgenden Nachweise sein (ist aber nicht darauf beschränkt): Geburtsurkunde, Reisepass, nationaler oder internationaler Ausweis, Flüchtlingsbescheinigung, rechtskräftiges Gerichtsurteil und andere relevante Dokumente, die die Übertragung/Änderung des Geschlechts gemäß der nationalen Gesetzgebung nachweisen, oder der Nachweis, dass die Voraussetzungen für eine beantragte und zu genehmigende Geschlechtsänderung in Übereinstimmung mit einer bestimmten nationalen Rechtsordnung gegeben sind, aber aus bestimmten Ausnahmegründen (z. B. Flüchtlinge, Staatenlose usw.) nicht oder noch nicht genehmigt wurden. Diese Dokumente müssen der FIDE zusammen mit dem Antrag des nationalen Ratingbeauftragten des Spielers vorgelegt werden. Darüber hinaus muss der Spieler schriftlich bestätigen, dass er mit den in diesem Reglement festgelegten Einschränkungen vertraut ist und sich verpflichtet, diese einzuhalten.
2.4. Weigert sich der Nationale Ratingbeauftragte, die Geschlechtsumwandlung zu genehmigen, kann der Spieler beim FIDE-QC Einspruch erheben. Das FIDE-QC kann auch die Entscheidung des Nationalen Rating-Beauftragten, das Geschlecht des Spielers zu ändern, aufheben, wenn keine ausreichenden Beweise für eine solche Änderung vorliegen. Die Entscheidung des FIDE QC kann beim FIDE-Rat angefochten werden. Das Verbot für Spieler, an Schachveranstaltungen des jeweiligen Landes teilzunehmen, wenn der Antrag des Spielers von einem Mitgliedsverband abgelehnt und dann von der FIDE akzeptiert wurde, ist als diskriminierendes Verhalten zu betrachten und zu bestrafen.
2.5. Der Nationale Ratingbeauftragte ist dafür verantwortlich, begründete Änderungen des Geschlechts in die FIN einzutragen, um sicherzustellen, dass das Geschlecht des Spielers auf nationaler Ebene mit dem Geschlecht der FIN übereinstimmt. Wenn der Spieler eine Änderung des Geschlechts in der nationalen ID beantragt hat, muss der Nationale Wertungsbeauftragte den Spieler ermutigen, die Änderung des Geschlechts in der FIN zu beantragen. Im Falle einer Diskrepanz zwischen dem nationalen ID-Geschlecht und dem FIN-Geschlecht folgt die FIDE ihrem Eintrag, um die Teilnahmeberechtigung des Spielers an FIDE-Veranstaltungen zu definieren.
2.6. Wenn die Person eine wiederholte Änderung des Geschlechts beantragt, bleibt das Verfahren und die Spielberechtigung dasselbe wie bei der ersten Änderung des Geschlechts.
III. Vorübergehende Einschränkungen nach Wechsel des Geschlechts
Diese Bestimmungen gelten für alle Wettbewerbe unter der Schirmherrschaft der Globalen Strategiekommission, der Veranstaltungskommission und für Veranstaltungen, bei denen Qualifikationsplätze für den Weltcup und die Mannschaftsweltmeisterschaften vergeben werden.
Die folgenden Einschränkungen gelten für einen Spieler nach der Änderung des Geschlechts in der FIDE-ID:
Falls das Geschlecht von einem Mann zu einer Frau geändert wurde, ist der Spieler nicht berechtigt, an offiziellen FIDE-Veranstaltungen für Frauen teilzunehmen, bis eine weitere Entscheidung der FIDE getroffen wird.
Eine solche Entscheidung sollte auf einer weiteren Analyse beruhen und wird vom FIDE-Rat zum frühestmöglichen Zeitpunkt, jedoch nicht länger als innerhalb von 2 (zwei) Jahren, getroffen. Es gibt keine Einschränkungen für das Spielen in der offenen Sektion für eine Person, die ihr Geschlecht geändert hat.
IV. Übertragung von Rechten und Pflichten
4.1. Titel. Wenn ein Spieler einen der Frauentitel besitzt, aber das Geschlecht zu einem Mann geändert wurde, sind die Frauentitel abzuschaffen. Diese können erneuert werden, wenn die Person das Geschlecht wieder in eine Frau ändert und den Besitz der entsprechenden FIDE-ID, die den Titel hält, nachweisen kann. Der abgeschaffte Frauentitel kann in einen allgemeinen Titel desselben oder eines niedrigeren Niveaus übertragen werden (z. B. kann WGM in FM, WIM in CM usw. übertragen werden).
Wenn ein Spieler das Geschlecht von einem Mann zu einer Frau geändert hat, bleiben alle vorherigen Titel berechtigt. Der Spieler darf nur die zum Zeitpunkt der Änderung der Registrierung veröffentlichte Wertung und alle nachfolgenden Wertungen verwenden, wenn er sich für Frauentitel bewirbt. Höchstwertungen oder Ergebnisse, die vor der offiziellen Geschlechtsumwandlung erzielt wurden, dürfen nicht verwendet werden, um sich nach der gesetzlichen Geschlechtsumwandlung für Frauentitel zu qualifizieren.
4.2. Bewertung. Unabhängig von der Geschlechtsumwandlung wird der Spielerin die bisherige Wertung unverändert zugewiesen.
4.3. Verpflichtungen. Bei einem Geschlechtswechsel, unabhängig davon, ob die bisherige FIN beibehalten oder eine neue erlangt wird, ist der Spieler nicht von den Strafen und Beschränkungen befreit, die zuvor für diesen Spieler galten.
V. Geheimhaltung/Privatsphärenangelegenheiten
Die FIDE erörtert die Geschlechtsumwandlung des Spielers nicht öffentlich. Die FIDE hat jedoch das Recht, die Organisatoren und andere relevante Parteien über die Geschlechtsumwandlung (und die entsprechende Namens- und/oder FIN-Änderung) zu informieren, um den Werdegang des Spielers zu verfolgen, soweit dies für einen effizienten Betrieb der FIDE erforderlich ist (z.B. Beantragung von Titeln, Anerkennung der festgelegten zeitweiligen Beschränkungen usw.).
Die FIDE hat auch das Recht, eine entsprechende Markierung in der Spielerdatenbank vorzunehmen und/oder andere Maßnahmen zu ergreifen, um die Organisatoren darüber zu informieren, dass es sich bei einem Spieler um einen Transgender handelt, um sie vor möglichen unrechtmäßigen Anmeldungen zu Turnieren zu schützen.
Position der Europäischen Schachunion dazu aus dem ECU Board Meeting – CL_No2/2023
September 15, 2023, Quelle: https://www.europechess.org/communique-of-the-ecu-board-meeting-cl_no2-2023/
1. The ECU Board discussed the new FIDE regulations about transgender players. ECU Board notes the following:
• ECU as main principle follows IOC framework for fairness, inclusion and not discrimination.
ECU follows FIDE registration system and database for all chess players. Based on FIDE public database players have the right to participate in open, women, youth, or seniors’ events.
• According to the new FIDE regulations, FIDE may temporarily restrict a player from World Women’s Chess Championships and respective WC Cycle qualifications events but allows to all other FIDE Women’s rated events. ECU notes that till today FIDE has not informed ECU or in its database about any of such temporarily restriction. (V. Non-disclosure/Privacy matters).
• If in the future FIDE temporarily restricts any player and informs in written European Chess Union or its public database, ECU will consult FIDE on what are the open and fair criteria FIDE Council uses to waive or keep the restriction based on FIDE rules, international legislation, and IOC guidance.
• Parallel ECU opens through its commissions a structured dialogue with ECU members, players, arbiters, organisers to listen to all opinions, concerns, and proposals.
Deutsche Übersetzung:
1. Der ECU-Vorstand diskutierte die neuen FIDE-Bestimmungen über Transgender-Spieler. Der ECU-Vorstand nimmt das Folgende zur Kenntnis:
– ECU folgt als Hauptprinzip dem IOC-Rahmenwerk für Fairness, Einbeziehung und keine Diskriminierung.
Die ECU folgt dem FIDE-Registrierungssystem und der Datenbank für alle Schachspieler. Basierend auf der öffentlichen FIDE-Datenbank haben Spieler das Recht, an offenen, Frauen-, Jugend- oder Seniorenveranstaltungen teilzunehmen.
– Gemäß den neuen FIDE-Bestimmungen kann die FIDE eine Spielerin vorübergehend von den Frauenschachweltmeisterschaften und den entsprechenden Qualifikationswettbewerben für den WM-Zyklus ausschließen, erlaubt ihr aber die Teilnahme an allen anderen von der FIDE für Frauen gewerteten Veranstaltungen. Die ECU stellt fest, dass die FIDE bis heute weder die ECU noch ihre Datenbank über eine solche vorübergehende Sperre informiert hat. (V. Geheimhaltung/Privatsphäre).
– Sollte die FIDE in Zukunft einen Spieler vorübergehend sperren und die Europäische Schachunion oder ihre öffentliche Datenbank schriftlich darüber informieren, wird die ECU die FIDE konsultieren, um zu erfahren, welche offenen und fairen Kriterien der FIDE-Rat anwendet, um die Sperre auf der Grundlage der FIDE-Regeln, der internationalen Gesetzgebung und der IOC-Richtlinien aufzuheben oder beizubehalten.
– Parallel dazu eröffnet die ECU durch ihre Kommissionen einen strukturierten Dialog mit ECU-Mitgliedern, Spielern, Schiedsrichtern und Organisatoren, um alle Meinungen, Bedenken und Vorschläge zu hören.