
Martin Schubert, bitte stelle dich vor!
Ich bin in Rheinland-Pfalz geboren, in Baden aufgewachsen und schachlich sozialisiert sowie in Hessen zur Schule gegangen. Vor gut 15 Jahren hat es mich mit meiner Frau aus beruflichen Gründen ins Schwäbische verschlagen. Ich habe mich den Schachfreunden Pfullingen angeschlossen und nach einem kurzen Intermezzo als Turnierleiter die Aufgabe des Jugendleiters übernommen. Seitdem engagiere ich mich im Jugendschach, unter anderem als Leiter einer Schach-AG.
Du bist auch Fan wie ich von IM Roman Vidonyak. Warum?
Ich hatte bereits vor 25 Jahren eine C-Trainer-Ausbildung absolviert, diese jedoch mehr verlängert. Da ich inzwischen seit einigen Jahren als Jugendleiter und -trainer tätig bin, habe ich mich entschieden, die Ausbildung erneut zu absolvieren.
Nun habe ich wieder meinen offiziellen Übungsleiterschein. Für das Schachtraining hat mich die Ausbildung allerdings wenig vorangebracht. Die Ausbildungsinhalte sind bekanntermaßen sportartübergreifend. Nur ein sehr geringer Teil der Ausbildung beschäftigt sich damit, was ich als Schachtrainer benötige.
Daher kam mir Deine Information im Schachfeld über einen anstehenden Schachtrainerkurs von Roman Vidonyak sehr gelegen und ich habe diesen ebenfalls absolviert.
Wie schon die Agenda des Kurses erwarten ließ, geht die Tiefe und Breite der für das Schachtraining relevanten Inhalte weit über das hinaus, was in einer Übungsleiterausbildung geboten werden kann.
Besonders begeistert hat mich insbesondere der Vor-Ort-Workshop in München, in dem Roman uns die aus seiner Sicht erfolgreichsten Methoden des Schachunterrichts vorgestellt hat. Einiges habe ich inzwischen selbst im Jugendtraining und in der Schach AG ausprobiert – die Methoden funktionieren und sorgen für Abwechslung.
Wie kamst du auf die Idee, selber Visualisierungsaufgaben zu machen?
Die Visualisierungsaufgaben von Roman sind didaktisch hervorragend ausgewählt und haben je nach Level eine unterschiedliche Anzahl an Zügen, die visualisiert werden müssen (4, 6, 10 oder 20 Halbzüge). Ich empfand Level 2 für das Selbststudium als relativ leicht und Level 3 als relativ schwer. Ich hätte mir ein Level 2,5 gewünscht. So kam ich auf die Idee, mithilfe der Lichess-Aufgaben-Datenbank selbst Visualisierungsaufgaben zu generieren. Die entstehenden Aufgaben sind natürlich nicht didaktisch, sondern zufällig ausgewählt. Dafür habe ich jedoch die Möglichkeit, beliebig viele Aufgaben mit einer gewünschten Visualisierungstiefe und einem gewünschten Schwierigkeitsgrad zu generieren. So kann ich beispielsweise für absolute Anfänger Aufgaben mit zwei Halbzügen Vorausdenken mit einem Lichess-Aufgaben-Rating unter 1600 erstellen. Und für mich Aufgaben mit acht, zehn oder zwölf Halbzügen und passendem Schwierigkeitsgrad.
Danke, dass du das Video zur Verfügung gestellt hast?
https://www.youtube.com/watch?feature=shared&v=kwi9dJvXUBA
Was ist deiner Meinung im Kinder- und Jugendtraining ganz wichtig?
Ein paar Punkte, die mir dazu einfallen, sind: Abwechslung, Kontinuität und Empathie. Ich habe den Eindruck, dass das Jugendschach in vielen Vereinen zu einem Großteil aus Training besteht. Ich versuche, eine gesunde Mischung aus Training, Partien und Spaß zu bieten. Aus meiner Sicht sind auch ein aufrichtiges Interesse an den Kindern sowie ein vertrauensvolles Verhältnis zu den Eltern wichtig.
Ich liebe Lösungen, keine Probleme. Aber wo hakt es deiner Meinung nach bei vielen Schachvereinen in der Jugendarbeit?
Zunächst einmal mangelt es natürlich in vielen Vereinen – nicht nur im Schach und in der Jugendarbeit – an ausreichend Engagierten. Freiwillige zu finden, die neben Engagement auch pädagogisches Geschick mitbringen, ist noch einmal schwerer. Aktuell beobachten wir in vielen Vereinen: Wo etwas geboten wird, kommen ausreichend interessierte Jugendliche in die Vereine.
Literaturtipp für tolle Schacharbeit und auch für sensationellen Journalismus: https://perlenvombodensee.de/2020/12/31/corona-als-chance-fuer-den-verein-wie-sich-die-schachfreunde-pfullingen-neu-erfinden/
Ich wäre an dem Makro, mit dem Herr Schubert seine Arbeits- und Visualisierungsblätter erstellt, sehr interessiert.
Ich würde mich auch sehr dafür interessieren.
Zum Artikel:
“ Für das Schachtraining hat mich die Ausbildung allerdings wenig vorangebracht.“
Ich stimme voll zu denke überdies Kosten und Aufwand stehen in keinem Verhältnis zum Nutzen für Schach. Einen speziellen Übungsleiter für Schach vermisse ich seit Jahren.
„Ich versuche, eine gesunde Mischung aus Training, Partien und Spaß zu bieten. Aus meiner Sicht sind auch ein aufrichtiges Interesse an den Kindern sowie ein vertrauensvolles Verhältnis zu den Eltern wichtig.“ Sehr treffend!!