Oktober 19, 2025

3 thoughts on “Girls & Schach 9. Neue Studie zum Gender Gap

  1. Beim Lesen dieses Beitrags ergeben sich mir einige Fragen.

    Bevor ich zu inhaltlichen Punkte komme, möchte ich feststellen, dass die Studie mit dem Titel „Sex Differences in Intellectual Performance: Analysis of a Large Cohort of Competitive Chess Players“ aus dem Jahr 2006 ist und meines Wissens allein daher nicht von Chessable finanziert sein kann.
    Der Blogeintrag bei Chessable (https://www.chessable.com/blog/new-study-on-sex-differences-in-chess-published-in-journal-supported-by-chessable/) macht auch deutlich, dass Chessable die Erweiterung dieser Studie von 2006 teilfinanziert hat. Die neue Studie trägt den Titel „Across the Board: Sex, Ratings, and Retention in Competitive Chess.“ und hat neben den beiden hier genannten Autoren eine weitere Autorin: Angela Li.

    Nun zum inhaltlichen: Ich bin kein Statistiker, mit einem Hintergrund in Mathematik ist mir an diesem Beitrag und beim Lesen der Studie von 2006 mindestens eine Sache aufgefallen, die mich stört. Aus Zeit- und Platzgründen stelle ich erstmal nur diese hier da, vielleicht folgen bei Gelegenheit noch mehr Dinge.

    Zu
    „„Matched boys and girls improve and drop out at equal rates,“ und das stimmt in Deutschland zumindest nicht, wo die „Drop-out“ rate bei ca. 70% und 55% liegt und das „improving“ eindeutig nicht gleich ist.“
    sei zu sagen, dass es hier nicht um allgemeine Drop-outraten geht, sondern der Teil „matched boys and girls“ relevant ist. Was in der Studie gemacht wurde, ist das folgende: Man hat sich vier Variablen genommen: Rating am Ende von 1995, Alter, Partien in 1995 und Partien in den vorherigen drei Jahren. Auf Basis dieser Daten wurden Paare mittels des sogenannten „caliper matching“ (https://cran.r-project.org/web/packages/MatchIt/vignettes/matching-methods.html#caliper-matching-caliper für diejenigen, die wie ich auch nicht wussten, was das eigentlich ist) gebildet. So sind 647 Paare entstanden, deren Daten über 10 Jahre verfolgt wurden. Abgebildet sind in der zugehörigen Grafik leider nur 5 Jahre, aber zumindest da ist zu sehen, dass der Mittelwert der Ratingunterschiede nahe (weniger als 50 Punkte) bei 0 ist.

    Etwas ähnliches wurde dann in der Studie von 2025 gemacht. Konkret hat man Jungen und Mädchen betrachtet, die zwischen 2000 und 2010 in einem Alter zwischen 8 und 10 Jahren mit gewerteten Partien angefangen haben (zumindest habe ich so „started competing“ verstanden, ist auch sinnvoll, da man nur nach gewerteten Partien Ratings vergleichen kann). Dort hat man ursprünglich 6035 Paare gebildet, von denen nach dem Beobachtungszeitraum von 9 Jahren noch 197 Jungen und 161 Mädchen übrig geblieben sind. An dieser Stelle sei auch noch erwähnt, dass wenn man die Spielerinnen und Spieler aus diesen Paaren hinsichtlich des Aufhörens betrachtet, kein großer Unterschied zwischen den Geschlechtern zu beobachten ist. Dieses Phänomen tritt nicht auf, wenn man alle Spielerinnen und Spieler betrachtet, dann hören Mädchen mit einer schnellen Rate auf, nach 9 Jahren sind die Anteile an noch Aktiven jedoch ähnlich.
    Zurück zur Studie von 2025 und den Matchings: In der entsprechenden Grafik sieht man, dass die Mediane (Achtung, nicht Mittelwert, sondern mittlerer Wert der nach Größe sortierten Werte) sich sehr ähnlich verhalten, man nichtsdestotrotz Ausreißer nach oben bei Jungs deutlich größer sind.

    Abschließend zu dieser Thematik möchte ich sagen, dass das Beispiel von Lee und Woodward natürlich nett, aber statistisch vollkommen irrelevant ist.

    Inwiefern die Ergebnisse anders aussehen würden, wenn man DWZ statt des USCF-Ratings betrachten würde, vermag ich natürlich nicht zu sagen. Es wäre sicher interessant die in beiden Papern beschriebenen Methoden auf das deutsche Schach anzuwenden, aber dazu fehlen mir – neben der statischen Kenntnisse – auch die Daten und vor allem die Zeit.

    Die Tatsache, dass die Studie hinter einer Paywall liegt (für Studierende oder Universitätsangehörige ggf. über ihre Bibliothek verfügbar, ist, anders als mir der Beitrag hier suggeriert, auch nichts schlechtes, sondern bedeutet in diesem Fall nur, dass die Autoren sich entschieden haben, nicht extra für Open Access zu bezahlen.
    Akademisch relevanter in dem Kontext ist, dass laut Inforationen des Journals ein Peer-Review Prozess stattfindet.

  2. Als Mädchen hätte ich keine Lust gehabt, gegen Vorurteile anzukämpfen. Es sei denn, ich hätte eine Mission daraus machen wollen. Eine Mission verfolgt man wohl meist aus Erfahrungen der Abwertung, wie es Mädchen wohl des öfteren in ihrer Kindheit erfahren haben. Zumindest kenne ich einige Frauen, die solches berichtet haben.

    Sich freiwillig in einer Männerdomäne aufzuhalten, dazu „muß man geboren sein“!

  3. „So sind 647 Paare entstanden, deren Daten über 10 Jahre verfolgt wurden.“
    Schön und gut, aber was ist mit den zahlreichen anderen Boys und Girls geschehen, deren Ratings stark voneinander abweichen? Hat man hier einen Teilbereich herausgegriffen? Wie groß war die Zahl der Kids überhaupt? Welches Niveau haben diese Paare erreicht?
    „Sich freiwillig in einer Männerdomäne aufzuhalten, dazu ‚muß man geboren sein‘!“
    Wie traurig für all die Girls, die in Handwerk, Universitätsbereichen, Managment oder Politik tätig sind!?
    Gibt es ein Gen, das solche Karrieren ausschließt? Gegen Vorurteile müssen nicht nur Mädchen ankämpfen und zu lernen, solche Widerstände zu überwinden ist das A und O jeden beruflichen Erfolgs.

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