1) Bitte stelle dich kurz vor
Hey, ich bin Norbert und 51 Jahre alt. Seit etlichen Jahren halten mich meine vier Kinder mit allen Höhen und Tiefen auf Trab – inzwischen bin ich sogar schon Opa.
Beruflich arbeite ich als Referent Grundsätze im Bordservice sowie als MOF-Koordinator und MOF-Befähiger bei der DB Fernverkehr AG – und das mit großer Leidenschaft. MOF steht für „Menschliche und Organisatorische Faktoren“. In der Luftfahrt und anderen Branchen ist das als „Human Factors“ bekannt. Eine positive Fehlerkultur ist dabei ein ganz wichtiger Baustein.
2) Du bist ein Spätberufener, wie kamst du zum Schach?
Es war eine zufällige Idee, die zwei Freunde und ich vor knapp drei Jahren hatten, die mich zum Schach gebracht hat. Um uns gemeinsam die Zeit zu vertreiben, haben wir aus Jux mit Schach angefangen. Dann hat es bei mir „klick“ gemacht – Schach hat mir richtig Spaß gemacht, und das ist bis heute so.
Zu meiner Überraschung habe ich entdeckt, dass eine positive Fehlerkultur und Fehleranalyse auch im Schach sehr wichtig sind und es viele Parallelen zu MOF gibt. Damit beschäftige ich mich auch auf meinem LinkedIn-Account.
Ich profitiere beruflich sehr vom Schach, denn Eigenschaften wie analytisches Denken, Geduld, Kreativität und Entschlossenheit hatte ich schon immer – durch Schach werden sie zusätzlich positiv gestärkt.
3) Du hast das ECU-Schulschachpatent, wie war der Kurs, was hast du gelernt?
Um mehr über Schach zu lernen und nicht nur an Tablets etc. „rumzudaddeln“, habe ich mich der SG 1931 Bensheim angeschlossen. Dort habe ich zunächst am Kindertraining teilgenommen, um selbst zu lernen. Irgendwann bat mich unser Jugendleiter, einfach mal ein Training zu übernehmen, weil er an diesem Tag nicht konnte.
Das war ein richtig harter Abend für mich: Auf der einen Seite die Erkenntnis, dass ich gerne mit Kindern arbeite, auf der anderen Seite die Einsicht, dass ich null Ahnung von gutem Kindertraining habe.
Daraufhin habe ich mich kurzentschlossen zum Lehrgang für das ECU-Schulschachpatent mit der SMART-Methode angemeldet. Dieser Kurs war für mich in mehrfacher Hinsicht ein Gewinn. Ich konnte viel über Schachtraining mit Kindern lernen – worauf man bei der Trainingskonzeption und in der Stunde selbst achten sollte. Grundlage ist hier die SMART-Methode.
Mit den Referenten Lothar Handrich und Walter Rädler habe ich zwei Menschen kennengelernt, die das Vermitteln von Schach an Kinder wirklich leben. Sie haben viele praktische Tipps aus ihrem Alltag gegeben. Außerdem habe ich Teilnehmende kennengelernt, mit denen ich heute noch im Austausch stehe. Hier möchte ich Holger Hansen nennen, dessen Schule in Kiel gerade das Gold-Siegel „Deutsche Schachschule“ der DSJ erhalten hat.
Auch wenn es ein Online-Kurs ist, kann ich ihn nur jedem Interessierten empfehlen – und ich mache das auch.
4) Wie schaut dein heutiges Schachleben aus?
Mittlerweile hat sich mein Schachleben etwas verändert. Ich versuche jeden Tag noch selbst ein bisschen Schach zu lernen, so 10–15 Minuten, meist in der Zugfahrt von oder zur Arbeit.
Außerdem trainiere ich mittlerweile unsere „Schachyoungster“ (6–9 Jahre) im Verein und gebe damit unserem Jugendleiter die Möglichkeit, sich intensiver mit den älteren und leistungsorientierten Kindern und Jugendlichen zu beschäftigen. Davon profitieren wir alle.
Für eine Trainingseinheit brauche ich in der Vorbereitung 2–3 Stunden. Das mache ich gerne, weil ich dabei selbst wieder lerne. Schach fordert mich heraus, mich vorzubereiten, anzupassen und zu wachsen – denn Kinder sind die anspruchsvollsten Lehrer, die man haben kann.
5) Warum sollen Kinder unbedingt Schach spielen?
Beim Training mit Kindern bin ich oft beeindruckt von ihrer Konzentrationsfähigkeit und ihrer Freude am Spielen und Lernen. Auch Fairness und Respekt am Brett spielen eine große Rolle.
Genauso wichtig ist der positive Umgang mit Fehlern und Frust sowie das gemeinsame Erlebnis – im Training oder bei Kinderturnieren. Kinder profitieren durch Schach enorm für ihr weiteres Leben, und dafür muss niemand Großmeister werden.
Das alles lässt sich nicht allein über Onlineangebote lernen, auch wenn diese eine gute Unterstützung sein können.
6) Was planst du für dein Schach in den nächsten Jahren?
Nach den positiven Erfahrungen mit dem ECU-Schulschachpatentkurs und den Trainings unserer „Schachyoungster“ im Verein habe ich mich entschieden, die C-Trainer-Lizenz bei der Deutschen Schachjugend zu erwerben. Das ist insbesondere mit Beruf und Familie zeitlich herausfordernd. Die DSJ hat mit dem modularen Aufbau aber ein Konzept geschaffen, das gut zu meinem Alltag passt.
Natürlich möchte ich meinen Verein im Kinder- und Jugendtraining weiter intensiv unterstützen. Auch mein Vorstandsmandat als Pressewart möchte ich mit Leben füllen. Unter anderem habe ich zwei Maskottchen eingeführt und einige weitere Dinge angestoßen, um unseren Verein und damit das Schach in unserer Region noch bekannter zu machen.
Außerdem versuche ich weiter, meine kleine tägliche Schacheinheit beizubehalten – und vielleicht bleibt ja auch noch Zeit für die eine oder andere Turnierteilnahme.