KI-Photo: Deutschland im Schachhimmel. KI Grok
Den gestrigen Tag sollte man sich im Kalender rot anstreichen, denn dass sich fast alle deutschen Spieler (außer Rasmus Svane) im FIDE World Cup gegen starke Gegnerschaft durchsetzen, war nicht zu erwarten! Schauen wir uns die Einzelergebnisse an
- Keymer (2773) – Pranesh (2630): 1,5 zu 0,5
- Blübaum (2680) – Zemlianski (2585) 1,5 zu 0,5
- Donchenko (2641) – Giri (2769): 1,5 zu 0,5
- Svane F. (2640) – Gukesh ( 2763): 1,5 zu 0,5
Während die deutschen Nationalspieler in den ersten beiden Paarungen mit 100 Elopunkten im Plus klarer Favorit waren, war es in den letzten beiden Paarungen genau umgekehrt. Und mal ehrlich, wer hätte gedacht, dass Frederik gegen den amtierenden Weltmeister (aus Indien und in Indien) mit Schwarz gewinnt, und Alexander gegen die Nummer 5 der Welt, den mit allen Wassern gewaschenen Anish Giri? Da stand schon ein Glücksstern für das deutsche Schach über Goa! Auch der Schachbund berichtet begeistert.
Nun stehen also vier Deutsche in Runde 4, wobei es vom 11. bis 13. November leider zu der Begegnung Blübaum-Donchenko kommt, und damit ist klar, einer von beiden kommt nicht weiter. Fast möchte man es Alexander gönnen, nachdem sich Mathhias bereits über den FIDE Grand Swiss für das Kandidatenturnier qualifiziert hat.
Dagegen sollte Vincent Keymer gegen den Sieger aus der Begegnung Esipenko – Idani gute Chancen haben, noch eine Runde weiter zu kommen. Während bei GM Frederik Svane alles offen ist, denn er wird gegen den armenischen GM Sargsyan antreten, der ungefähr gleich stark ist.
Doch lösen wir uns vom World Cup, und schauen uns noch mal an, was im deutschen Spitzenschach auf einmal möglich ist:
GM Vincent Keymer ist Nummer vier der Welt und kämpft jetzt im November um den Einzug in das Kandidatenturnier. Er eilt im Moment von Erfolg zu Erfolg, wir erinnern uns, wie er im Rubinstein Memorial in Polanica Zdroj seine Gegner geradezu deklassierte!

Es ist definitiv keine Schande, hinter Spielern wie Magnus, Hikaru und Fabi auf Platz 4 der Welt zu stehen, und das aktuell mit Tendenz nach oben! Es ist wirklich krass, aber nun fehlen Vincent nur noch 20 Punkte bis zur magischen Elo-Marke 2800. Anzumerken ist an der Stelle auch noch, dass Vincent nie die Bodenhaftung verloren hat, und trotz seiner Erfolge in Interviews geradezu bescheiden rüberkommt, was keine Selbstverständlichkeit ist.
GM Matthias Blübaum hat sich vor einem Monat völlig überraschend im FIDE Swiss Grand Prix für das Kandidatenturnier qualifiziert – als erster Spieler seit Robert Hübner. Daraufhin hat der Württembergische bzw. Deutsche Schachbund eine Spendenaktion für ihn aufgesetzt, die dem Vernehmen nach gut läuft, d.h. er kann seine Sekundanten finanzieren.
Auf der Mannschaftseuropameisterschaft in Batumi lief es nicht ganz so gut für die deutschen Männer, der erwartete Medaillenplatz wurde trotz Favoritenstatus knapp verfehlt, aber vielleicht ist die Schachuhr momentan mehr auf Einzelerfolge als auf Mannschaftserfolge gestellt…
Doch damit nicht genug – wir dürfen auch unsere erfolgreichen Frauen nicht vergessen, die manchmal zu Unrecht im Schatten stehen. Wieder denken wir an die Mannschaftseuropameisterschaft vor einem Monat in Batumi zurück, wo das Team völlig überraschend die Bronzemedaille holte, auch hier berichtet der Schachbund begeistert: „Lange, sehr lange, mussten wir warten auf dieses Ereignis. Erst viermal gewannen die deutschen Frauen eine Medaille bei großen internationalen Mannschaftswettbewerben vor dieser Europameisterschaft. 1957, 1963 und 1966 holte die DDR Bronze bei der Schacholympiade der Frauen, 1978 gewann die BRD ebenfalls Bronze. Danach blieben die deutschen Frauen 47 Jahre lang ohne einen Platz auf dem Treppchen. Nun ist der Knoten geplatzt und Dinara Wagner, Hanna Marie Klek, Josefine Safarli, Lara Schulze und Kateryna Dolzhykova traten heute in Batumi die Nachfolge der Medaillengewinnerinnen von damals an.“
Dieses Ergebnis war umso überragender, als unser langjährige Spitzenspielerin GM Elisabeth Pähtz in der Aufstellung fehlte, und somit kompensiert werden musste, was gelang, weil WGM Hanna Marie Klek eine fantastische Turnierleistung erspielte.
Als nächstes richten wir den Blick auf den Nachwuchsbereich. Hier sind wir bei den Jungen deutlich besser aufgestellt als bei den Mädchen. Wir betrachten im Vergleich die aktuelle Tabelle ab Geburtsjahr 2005.
Hier ruhen die Hoffnungen besonders auf den Münchner GM Leonardo Costa, der bereits Großmeister ist, und sich sehr gut entwickelt hat. Sowie altersbedingt auf IM Christian Glöckler, der erst 14 Jahre alt ist. Beobachten sollte man auch Mykola Korchinskyi, der gerade Jugendeuropameister in seiner Altersklasse (U16) wurde.

Nicht gut sieht es dagegen bei unseren Nachwuchsspielerinnen aus, man muss es leider immer wieder betonen! Denn Antonia Ziegenfuß – eine sehr talenierte Spielerin – ist die einzige über Elo 2200, aber sie studiert Medizin in Hamburg und spielt nicht mehr allzu viel, sie hat die Akzente anders gesetzt, was man ihr nicht verübeln kann.

Natürlich haben wir noch die beiden Peglaus (Charis, die erst kürzlich knapp über 2200 stand und Dora, die knapp unter 2200 war), die sehr aktiv sind, zum Glück muss man sagen, und einige andere Nachwuchsspielerinnen, aber ein Zugpferd ist darunter derzeit nicht zu erkennen, solange nicht die Elo 2200 in Angriff genommen (und dann auch gehalten) werden. Dazu kommt noch die bayerische Spielerin Svenja Butenandt, die sich in den letzten Jahren nach oben gespielt hat. Die jüngste von allen ist Lisa Sickmann (15 Jahre alt), die heuer in München beim Masters der Frauen spielte, und das nicht mal schlecht, nur hat sie sich ihre Elozahl, die im Frühjahr bei 2250 lag, durch schlechte Ergebnisse verdorben. Trotzdem könnte gerade sie die weibliche Hoffnung im Nachwuchsschach sein, wenn sie weiter auf Schach setzt und sich gut entwickelt.
Besonders traurig ist die Elo-Differenz zwischen Jungen und Mädchen, die auf Platz 1 (Costa zu Ziegenfuß) bei 320 Punkten liegt, und auf Platz 10 (Garner zu Sickmann) bei 350 Punkten. Im Spitzenschach zählt nun mal die Elozahl, und solche Abstände sind aus meiner Sicht erschütternd, und zeigen ganz klar auf, dass hier noch viel Nachholbedarf besteht!
Trotzdem bleiben wir optimistisch, und hoffen, dass unsere Nationalspieler beim FIDE World Cup weiterhin erfolgreich bleiben.
Was die Senioren betrifft, so könnte man noch den WM-Titel von GM Rainer Knaak und von WGM Brigitte Burchardt in Porto Santos lobend erwähnen!
„Beobachten sollte man auch Mykola Korchinskyi, der gerade Jugendweltmeister in seiner Altersklasse wurde.“
Bitte nicht übertreiben – er ist nicht Jugendweltmeister, sondern Jugendeuropameister der U16 geworden (was natürlich ebenfalls ein schöner Erfolg ist).
Danke,wird sogleich berichtigt.