Holger Langer habe ich kennengelernt, wir haben einen gemeinsamen Freund, den zweitgrößten Großmeister der Welt. Er ist ein wunderbarer, feiner Mensch und er sammelt wie ich, SCHACHFIGUREN!
1) Was ist dein schachlicher Werdegang?
Es gibt einen „schachlichen“ Werdegang im klassischen Sinne bei mir eigentlich gar nicht. Ich war nie Mitglied in einem Schachverein und habe auch nie bei einem Turnier mitgespielt. Großgeworden bin ich in einem kleinen Dorf. Dort gab es keinen Schachverein, jedenfalls wusste ich von keinem. Später in der weiterführenden Schule gab es vermutlich eine Schach AG, aber irgendwie hatte ich auch dahin keine Verbindung. Das Schachspiel habe ich von meinem Vater erlernt, der aber auch nicht mehr als ein interessierter Amateur war. Allerdings war ich vom Schach immer fasziniert und wollte immer mehr damit zu tun haben.

2) Warum sammelst du Schachfiguren?
Bis zum Erwerb meiner ersten antiken Schachfiguren kannte ich nur die gängigen Staunton-Figuren, wie sie im Einzelhandel zu erwerben sind. Als ich dann zufällig antike Figuren fand, die überhaupt nicht zu meinen naiven Vorstellungen vom Schach passten, war ich fasziniert und wollte mehr erfahren. Ich fand Bücher über Schachfiguren, aus denen sich mir eine komplett neue und andersartige Welt des Schachs erschloss. Die Vielfalt an historischen Figurenmustern, Materialien, Herstellern, Motiven usw. ist bis heute faszinierend für mich, zumal ich fast jeden Tag etwas Neues entdecke. Da ich allgemein historisch interessiert bin, war dies für mich das ideale Hobby, denn ich konnte meine Interessen für Schach und Geschichte miteinander verbinden. Aber mein Fokus liegt ganz klar auf dem kunsthistorischen Aspekt in Bezug auf das Spielmaterial und nur sekundär auf dem Spiel selber.

3) Wie seid ihr Schachfigurensammler organisiert?
Es gibt eine Vereinigung namens „Chess Collectors International“ (oder abgekürzt CCI, https://chesscollectorsinternational.org/), die in den 1980er Jahren in den USA gegründet wurde. Davon gibt es lokale Ableger, u.a. auch in Deutschland. Bei CCI sind insgesamt einige hundert Schachsammler weltweit organisiert.
Es gibt von der deutschen Sektion in der Regel jährliche Treffen. Internationale Treffen finden alle zwei Jahre statt. Neben dem sozialen Aspekt des Treffens und Kennenlernens sind die Veranstaltungen eingerahmt von interessanten Vorträgen und oft auch selber organisierten Schachfigurenausstellungen.
Daneben gibt es diverse Sammlergruppen in den sozialen Medien, insbesondere auf Facebook. Diese haben viele tausend Mitglieder, von denen aber nur einige hundert aktiv sind (der Rest sind interessierte Zuschauer). In einigen dieser Sammlergruppen wirke ich als Administrator mit. Der Fokus liegt hier auf dem Informationsaustausch.
Es gibt weitere Sammlergruppen, mit denen CCI eng kooperiert, insbesondere die Chess History & Literature Society (CHLS – ursprünglich als Ken Whyld Association gegründet) und die Gemeinschaft der Schachmotivsammler (GSM).

4) Kann man sich euch anschließen?
Selbstverständlich und gerne. Die Mitgliedschaft in den Sammlergruppen auf Facebook setzt lediglich voraus, dass man sich mit seinem Profil bei den Gruppen anmeldet und die Geltung der Gruppenregeln akzeptiert.
Die Mitgliedschaft bei CCI kostet 50 EUR pro Jahr. Mit diesem Beitrag werden im Wesentlichen die Druck- und Versandkosten für die Mitgliederzeitschriften „Chess Collector“ und „CCI USA Newsletter“ finanziert, die jeweils in der Regel drei Mal pro Jahr mit interessanten Artikeln zu Schachfiguren erscheinen.
Wer Einzelheiten erfahren möchte, kann mich gerne unter ho***********@**************on.de holger.langer at chess-collection.de kontaktieren. Ich freue mich immer über Interesse.

5) Wie siehst du die Zukunft der Schachfigurensammler?
Ich würde die Antwort etwas selbstkritisch beginnen. Insbesondere CCI hat nach meiner Wahrnehmung stets eine relativ „abgekoppelte“ Existenz gepflegt. Man bewegte sich in einem überschaubaren und teilweise elitär anmutenden Kreis Gleichgesinnter und sah wenig Notwendigkeit, sich um Nachwuchs zu kümmern. Wie viele Vereinigungen sehen auch wir eine zunehmende Veralterung, da zu wenige neue Mitglieder nachrücken. Auch gab es zwar Verbindungen zum organisierten Schach, die aber sehr begrenzt waren. Das Resultat ist, dass wir in Schachkreisen nur wenig bekannt sind.
Die Herausforderung dürfte sein, hier eine stärkere Verbindung aufzubauen, denn ich glaube fest, dass das kunsthistorische Interesse an Schachfiguren eine sehr große Bereicherung der Schachwelt insgesamt darstellt. Wir müssen uns daher darauf konzentrieren, neue Mitglieder zu werben, von denen es etliche gibt, und müssen insbesondere Barrieren und Hemmschwellen abbauen. Hier sind erste Schritte getan, aber es ist aus meiner Sicht noch ein langer Weg. Außerdem müssen wir unbedingt die Verbindungen zum organisierten Schach ausbauen, u.a. indem wir unsere Treffen stärker bewerben und unsere Tätigkeit nach außen sichtbarer machen. Ich hoffe, dass auch dieses Interview dazu beiträgt.
Wer sich einen Eindruck verschaffen möchte, worum es beim Schachfigurensammeln geht und wie vielfältig dieses Hobby sein kann, ist herzlich eingeladen, einmal auf meiner Webseite www.chess-collection.de vorbeizuschauen oder mich unter der oben genannten Adresse zu kontaktieren. Auf meiner Seite gibt es auch viele Verlinkungen zu anderen Sammlern, so dass meine Webseite ein guter Einstiegspunkt ist.