
Zum Internationalen Tag des Schachs, am 20. Juli, war WIM Lara Schulze zu Gast in der 16. Ausgabe des Schachtalks mit Michael Busse und Jonathan Carlstedt von den Chess Tigers. Die 23-jährige Nationalspielerin sprach über ihren Weg ins Leistungsschach, ihre Sicht auf neue Spielformen und ihre Erfahrungen mit dem deutschen Fördersystem.
Schachlaufbahn und aktuelle Trainingsstruktur
Lara Schulze gehört seit Jahren zu den stärksten Spielerinnen im deutschen Schach. Sie gewann mehrfach die Deutsche Jugendmeisterschaft, errang nationale Titel im klassischen Schach und Blitz und vertrat Deutschland bei internationalen Wettkämpfen. Im Gespräch spricht sie über jüngste Turniere wie das German Masters – auch über Phasen, in denen es nicht nach Plan lief.
Seit einiger Zeit arbeitet sie eng mit dem ukrainischen Großmeister Zahar Efimenko zusammen, der inzwischen auch als Bundestrainer tätig ist. Die Zusammenarbeit beschreibt sie als effizient und vertrauensvoll – gerade wegen seiner ruhigen, strukturierten Herangehensweise.
Konzentration, Rahmenbedingungen und Rollenbilder
Ein Thema, das Lara besonders interessiert, ist der Zusammenhang zwischen Spielumgebung und mentalem Zustand. Sie beschäftigt sich im Rahmen ihres Psychologiestudiums mit dem Konzept des „Flow“ – jenem Zustand fokussierter Leichtigkeit, der im Schach oft angestrebt wird, aber schwer planbar ist. Schlechte Lichtverhältnisse, zu enge Räume oder fehlende Rückzugsmöglichkeiten können diesen Zustand erschweren.
Was die Gegner betrifft, ist sie pragmatisch: Ob sie gegen Männer oder Frauen spielt, ist für sie zweitrangig. Entscheidend ist die Qualität der Partie – nicht das Geschlecht des Gegenübers.
Werder Bremen, Studium und Lieblingslektüre
Seit vielen Jahren ist Lara Schulze für Werder Bremen aktiv – als Bundesligaspielerin, Trainerin und Teil der Nachwuchsförderung. 2024 wurde sie mit dem Josef-Lutter-Preis ausgezeichnet – eine seltene Ehrung für Schach im Vereinskontext.
Neben dem Sport studiert sie Psychologie. Ihr Interesse gilt dabei auch schachnaher Literatur – besonders dem Buch Die sieben Todsünden des Schachspielers von Jonathan Rowson, das sie wegen seiner analytischen Tiefe und psychologischen Reflexion schätzt.
Digitale Sichtbarkeit mit Maß
Auf Instagram, Twitch und ihrer Website dokumentiert Lara regelmäßig ihre Turniere und Trainingsimpulse. Sie betont, dass es ihr dabei nicht um Reichweite allein geht, sondern um Sichtbarkeit – besonders für junge Frauen im Schach. Sie versteht diese Kanäle als Möglichkeit, niederschwellige Zugänge zu schaffen, weist aber auch auf den zeitlichen Aufwand hin, den diese Form von Öffentlichkeitsarbeit erfordert.
Neue Formate, bekannte Konflikte
Das Thema Freestyle Chess – zuletzt prominent durch das Turnier in Las Vegas – wird ebenfalls angesprochen. Lara zeigt sich offen für Experimente im Turnierschach, verweist aber auch auf Spannungsfelder: Insbesondere die Diskussion um Zuschauerorientierung versus Cheating-Prävention müsse ernst genommen werden. Eine Bühne, auf der Partien offen einsehbar sind, könne Aufmerksamkeit schaffen – aber nicht zulasten von Fairness und Sicherheit.
Die unterschiedlichen Positionen von Carlsen und Caruana zu diesem Thema kommentiert sie sachlich. Aus ihrer Sicht ist ein bewusster Ausgleich zwischen Transparenz und Integrität nötig.
Turnierausblick: Nordhausen, Bamberg, Batumi?
In den kommenden Wochen stehen für Lara Schulze Starts in Nordhausen und Bamberg auf dem Programm. Darüber hinaus hofft sie auf eine Teilnahme an der Mannschafts-Europameisterschaft in Batumi. Eine Nominierung durch den DSB steht noch aus.
Der Talk in voller Länge
Nächste Folge:
Am Sonntag, 27. Juli 2025 um 20:15 Uhr ist Laura Schalkhäuser zu Gast – Schachaktivistin und Organisatorin. Der Stream läuft immer live auf YouTube, LinkedIn, Facebook, Instagram (Chess Tigers) sowie dem Twitch-Kanal von Schachgeflüster.