03.11.2025

10 thoughts on “Last-minute-Antrag zum Hauptausschuss des DSB zur Transgender-Spielberechtigung!

  1. Offensichtlich geht es doch den Antragstellern hauptsächlich darum, dass das Thema überhaupt beraten werden kann. Dazu war es erforderlich, fristgemäß (gerade noch) rechtzeitig einen Antrag einzubringen. Wäre das nicht geschehen, hätte die Thematik auf dem Hauptausschuss überhaupt nicht erörtert werden können. Wegen dieser guten Absicht würde ich den Inhalt des Antrags nicht zu stark bekritteln.
    Zur Kritik:
    Dass die Referentin für Frauenschach – bekanntlich eine Kritikerin der Position der DSB-Präsidentin – sich nicht gerührt hat, macht staunen.
    Warum Leistungssport anders behandelt werden soll als Breitensport, erschließt ich mir nicht.
    Soll damit allen Spielklassen unterhalb der Bundesliga der Wettbewerbscharakter abgesprochen werden?

    1. Als erstes ist zu klären, ob der Antrag überhaupt rechtzeitig eingereicht wurde und welche Frist hierfür gilt (§19.3 in Verbindung mit §23.2). Denn für Anträge, die von der Bundesspielkommission vorab beraten werden müssen, gelten nicht sechs Wochen, sondern drei Monate.

      Womöglich hat auch das Präsidium aus diesem Grund keinen Antrag eingereicht, obwohl dieser groß von Matthias Wolf und der Präsidentin Ingrid Lauterbach auf der DSB-Webseite angekündigt wurde. Die Verbände Baden und Württemberg haben die drei Monatsfrist für ihren eigenen Antrag ,,Meisterschaftskontigente bei Verbandsfusionen“ explizit berücksichtigt.

    2. Hallo Max, ja das ist richtig, es ist schon mal ein guter Ansatz, dass beim DSB Bewegung in das Thema kommt. Zum Thema „Leistungssport contra Breitensport“ muss ich zurückfragen wie genau grenzt sich das eigentlich ab? Also, 1 und 2. Frauenbundesliga gehören bei mir eindeutig zum Leistungssport. Darunter gibt es ja nur noch die dritte Liga, soweit ich weiß, und die würde ich tatsächlich eher dem Breitensport zuordnen. Man kann es aber auch so sehen, dass jeder organisierte Wettkampfsport zum Leistungssport zählt.

  2. Ein paar Anmerkungen:
    1. Das eigentliche Problem an Antrag 2a ist doch, dass er bei einer Speicherung des bei der Geburt zugewiesenen Geschlechtes umsetzbar ist – das allerdings verstößt gegen § 13 SBGG.
    2. Ein Vergleich mit Regelungen anderer Sportverbände ist m.E. nur sinnvoll, wenn die körperlichen Voraussetzung vergleichbar sind. Für den Schachsport ist es somit völlig irrelevant, wie die Regelungen zu Transmenschen in körperbetonten Sportarten wie Boxen und Leichtathletik sind, interessant ist vielmehr die Frage, wie es etwa andere Denksportverbände oder auch olympische Verbände mit minimalen körperlichen Anforderungen (wie die Deutsche Reiterliche Vereinigung und der Deutsche Golf Verband) handhaben. Wenn diese den Geschlechtseintrag im Personenstandsregister als geeignetes Kriterium ansehen, sehe ich keine Rechtfertigung, im Schach davon abzuweichen.
    3. Eine dringende Leseempfehlung, da a) der Text anscheinend der allgemeinen Aufmerksamkeit entgangen ist und b) nicht nur über Transmenschen diskutiert wird, sondern mit Annemarie Meier eine direkt Betroffene in einer ausgesprochen sachlichen und differenzierten Stellungnahme zu Wort kommt:
    https://www.schachbund.de/news/redet-miteinander-oder-transfrauen-im-schach.html

    1. Hallo Holger, danke für deinen Kommentar. Allerdings bin ich hier gleich mehrfach unterschiedlicher Meinung.

      zu 1. Nein, Antrag 2a verstößt nicht gegen §13 SBBG, du meinst das Offenbarungsverbot? Nun, die Schachwelt ist klein, und im Schach weiß man doch, ob jemand früher Junge oder Mädchen war, da braucht man ja bloß die früheren Gegner zu fragen. Eine Ausnahme gilt vielleicht beim Zuzug aus dem Ausland oder wenn jemand ganz neu im Schach ist. Aber da ja gerade im Sport die Öffnungsklausel im SBBG geschaffen wurde, folgt natürlich konkludent daraus, dass auch das frühere Geschlecht ermittelt werden darf. Der Sinn der Vorschrift besteht darin, dass jemand nicht verächtlich gemacht wird, nicht aber darin, dass die Identität verheimlicht wird, wenn es nötig ist, sie zu ermitteln.

      zu 2. Lies bitte noch mal den Artikel https://schachkicker.de/wie-erklaert-sich-der-unterschiedliche-zugang-von-frauen-und-maennern-zum-schach/, und melde dich danach wieder. Wenn dir das zu theoretisch ist, dann studiere noch mal den weltweiten Elo-Unterschied zwischen Frauen und Männern (ungefähr 250 Punkte im Schnitt), und melde dich dann wieder. Gerade der Schachsport sollte hier ein Zeichen setzen, an dem sich Andere orientieren können, wir brauchen hier nicht auf die Entscheidungen Anderer zu warten.

      zu 3. Diesen larmoyanten Text von Tischbierek habe ich in der Tat gelesen, abgesehen davon dass er überlang war, fand ich ihn völlig einseitig, und damit nicht repräsentativ. Der Sportverband muss nach der Logik der Sache so an das Thema so herangehen, dass die Fairness des Wettbewerbs gesichert bleibt. Wozu werden denn Frauenturniere ins Leben gerufen? Dafür das biologische Männer teilnehmen dürfen? Sicherlich nicht! Dabei können nicht alle Einzelinteressen (die es durchaus auch gibt!) berücksichtigt werden.

      Abschließend muss ich noch einmal sagen, dass ausgerechnet die Lösung, die ich befürworten würde, nämlich Nachweis des Geschlechts durch einen genetischen Bluttest in dem Antrag fehlt.

      1. zu 2.: Diesen überlangen KI-Extrakt garniert mit anekdotischer Evidenz habe ich damals nicht nur gelesen, sondern auch kommentiert angesichts der Tatsache, dass ausgerechnet die Expertise der stärksten Schachspielerin fehlte. Meinem Kommentar habe ich nichts hinzuzufügen, m.E. trifft Judit Polgar absolut den Nagel auf den Kopf mit ihrer Einschätzung, dass der allergrößte Teil des Elo-Gefälles zwischen den Geschlechtern auf den Umstand zurückzuführen ist, dass die stärksten Schachspielerinnen gar nicht erst versuchen, die absolute Weltklasse zu erreichen. (Vermutlich aufgrund der Tatsache, dass für diese Frauenturnier deutlich lukrativer sind als offene Turniere mit Gegnern >2600. Es gibt ein ganz aktuelles Beispiel mit dem FIDE Grand Swiss, bei dem drei Frauen Elo-Performances über 2600 erreicht haben; für Vaishali (Elo-Leistung 2604 gegen einen Schnitt von 2434) gab es im Frauenturnier 35.500 $ Preisgeld, für Deshmukh und Goryachkina (Elo-Leistung jeweils 2613 gegen einen Schnitt von 2652) im offenen Wettbewerb keine müde Mark.)

        Zu 3: Kannst du bitte erläutern, warum du den Text als einseitig empfindest? Das Fehlen jeglicher Begründung deutet eher darauf hin, dass der Text nicht in deine Agenda passt und du ihn deshalb unsachlich diskreditierst. Gerade in dem Text sind unterschiedlichste Stimmen zu Wort gekommen, was gerade das Gegenteil von einseitig ist.

        1. Hallo Holger, das ist eben der größte Irrtum von Judit Polgar, den man sich ausdenken kann. Sie begeht hier den Fehler, von sich auf andere zu schließen. Psychologisch verständlich (das was ich geschafft habe, können auch andere schaffen), statistisch und logisch aber völlig daneben. Ich würde zum Beispiel niemals behaupten, dass es leicht ist, Großmeister zu werden, nur weil ich Großmeister wurde. Eine ähnliche Behauptung wäre übrigens, es müsste ganz viele Einsteins geben, wenn sich mehr für Wissenschaft interessieren würden. Es gibt aber nur einen Einstein, genau so wie es nur eine Judit Polgar gibt – eben ein Jahrhunderttalent.
          Es ist richtig, dass ich dem Artikel von Tischbierek nicht das geringste abgewinnen konnte. Und das nicht ohne Grund: er stellt sich einseitig auf die Seite der Betroffenen. Es ist aber so, dass der Deutsche Schachbund nicht die oberste Interessenvertretung der Transgender-Spieler ist, sondern der Verband aller Schachspielerinnen und Schachspieler in Deutschland, und deren Interessen hat er zu vertreten. Und als Sportorganisation ist es seine vornehmste Aufgabe, für faire Wettkämpfe zu sorgen. Wieso gibt es denn in jedem Wettkampf Schiedsrichter, wieso muss man vor der Partie sein Handy abgeben? Wieso war auf der Deutschen Meisterschaft in München sogar die NADA mit einem Stand vertreten, um über Doping zu informieren? Und dann soll auf einmal erlaubt sein, dass biologische Männer an Frauenwettbewerben teilnehmen? Also eine Form von legalem Doping? Das ist doch höchst absurd!

  3. Ich halte mich als weiblich geborene biologische Frau, die noch nie Frauenschach gespielt hat, aus der sehr kontroversen Transgender – Diskussion im Frauenschach ganz raus. Ich lese mir das Thema nur durch.

  4. Gerald hat völlig Recht. Es ist eine einseitige Betrachtung, Preisgelder und leichte Titel als Ursache des Gender Gaps anzusehen und Judit Polgar als ein Sonderfall, Ergebnis eines sehr speziellen pädagogisch-psychologischen Experiments ihres Vaters, ist wohl kaum in de Lage, repräsentativ für alle Frauen zu sprechen.
    Selbst wenn viele Meisterinnen so denken würden, sollte es doch einige Ausnahmen geben, denen der absolute Erfolg wichtiger ist als das kurzfristige bisschen Preisgeld. Wieviel könnte eine 2700er-Frau verdienen, die an den fetten Fleischtöpfen der Top-Spieler partizipieren würde? Welche Einnahmen könnte sie durch diese Sonderstellung generieren?
    Ein Mädchen mit dem Willen zur absoluten Spitze zu kommen würde gewiss einen Sponsor finden, in manchen Ländern wie etwa Indien werden Großmeister ja zuweilen von Konzernen gesponsort oder kommen aus reichen Familien, wo solche Preisgelder nicht die Welt bedeuten.
    Und Holger, wie erklärst du dir das Gender Gap in den unteren Bereichen, wo Geld gar keine Rolle spielt? Warum stellen Mädchen in u8w /u8w und sogar noch später so viel mehr Figuren ein als Jungs? Warum spielen die Girls so lahm und farblos? Ich habe mir extra die Mühe gemacht, das in drei Broschüren zu illustrieren – und wer Augen hat zu sehen und ein bisschen vom Schach versteht kann sich so selbst schnell ein Bild machen, was die Realität ist. Leider reden viele munter drauflos, ungeachtet der Fakten.
    Das Gender Gap ist eine sehr komplexe, überwiegend wohl psychologische Angelegenheit, die sich mit solch simplen monokausalen Annahmen nicht erklären lässt.

  5. Hallo Heinz,

    ich gebe zu, dass mir selbst der englische / amerikanische Fachbegriff „Gender Gap“ völlig unbekannt war. Falls es anderen interessierten Schachspielern auch so geht: „A gap“ = eine Lücke, in diesem Fall die Lücke, die zwischen dem Leistungsniveau der männlichen Schach-Jugendlichen und der weiblichen Schach-Jugendlichen klafft. Bisher hatte jedoch noch niemand empirische Daten zum Gender Gap (bezogen auf das Schachniveau) präsentiert.

    Man sagte immer und überall: „Die Jungs spielen besser / stärker Schach als die Mädchen“, aber die Behauptung schwirrte irgendwie lose im Raum herum, mir z.B. war das zu diffus, zumal ich ja im meinem eigenen Schachclub gar keine Erfahrungen mit jugendlichen weiblichen Schachspielerinnen hatte.

    Inzwischen hast du Heinz, ja 3 Mädchen-Schachbroschüren ganz frisch veröffentlicht, in denen sehr viele konkrete Beispiele aus Mädchenschach-Turnierpartien aus den Deutschen Jugendschachmeisterschaften in Willingen präsentiert werden. Dort wird dann auch erläutert, was die Mädchen tun können, um typische Fehler in Zukunft zu vermeiden, mit der Idee, um auf dem Wege ein höheres Schachlevel und interessantere Partien zu erreichen.

    Bei der Diskussion stimme ich auch dir zu, dass man dass Schachexperiment der drei Polgar-Schwestern als einen Sonderfall betrachten muss, denn eine solche stark fokussierte „Erziehung zum Schachgenie“ hat man in anderen Familien in der Form nicht.

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