
Jeder der in den 70er oder 80er Jahren schachlich aufwuchs, kannte die sowjetische bzw. russische Schachschule mit Altvater Botwinnik an der Spitze, der symbolisch für das strenge Ausbildungssystem stand, das die Besten der Welt hervorbrachte. Wir erinnern uns an die Serien-Weltmeister Karpow, Kasparow, Kramnik und fast-WM Kortschnoi nicht zu vergessen. Und auch später in den 2010-ern sahen wir noch Karjakin (2016) und Nepo (2021 und 2023) in WM-Kämpfen. Und natürlich wurden auch die Weltklasseturniere früher ebenfalls von Russen bzw. Sowjets dominiert. Sogar die politischen Umwälzungen Anfang der 90er Jahre schien der russischen Schachschule nichts anhaben zu können.
Doch wie sieht es im Jahr 2025 aus? Die Antwort ist beinahe schockierend: Russen spielen praktisch keine Rolle mehr im Spitzenschach! Die Karawane ist weitergewandert, vor allem nach Indien, aber auch nach China und in die USA, wie folgendes Schaubild zeigt:
Abgebildet ist die Verteilung der Nationalitäten aller Spieler über Elo 2700. Auf der linken Achse steht die Elo-Summe der Spieler einer Nation. Nicht überraschend liegt Indien an der Spitze, denn sie haben viele Spieler zwischen 2700 und 2800 in der Weltrangliste. Über 20% der besten Spieler der Welt kommen aus Indien, wie die rote Linie aufzeigt! Dahinter liegt die USA, auch wenn hier einige Migrierte Spieler dazu zählen. Auf Nummer drei liegt schließlich China, das mit vier Spielern vertreten ist. Doch richtig schockierend ist der Anteil Russlands: gerade ein russischer Spieler ist noch in der Liste, nämlich Nepo! Wenn man genauer hinschaut, dann gibt es noch einen zweiten, nämlich Fedoseev, der aber inzwischen für Slowenien spielt.
Hier nun der Blick auf die besten Spieler (Stand Juni 2025):
Aus der Tabelle lässt sich auch das Alter ablesen. Der jüngste Spieler ist Gukesh, und der älteste mit Abstand Anand, gefolgt von Topalow und Aronian. Das Durchschnittsalter liegt bei 34.
Über die Gründe des Niedergangs der russischen Schachschule mag wie folgt spekuliert werden:
1. Alle früheren russischen Ex-Weltmeister sind inzwischen inaktiv: Karpow, Kasparow und Kramnik
2. Mit dem Ukraine-Krieg haben viele Spitzenspieler das Land verlassen, und zum Teil die Föderation gewechselt, allerdings haben sie meist unter 2700 Elo.
3. Spieler wie Svidler, Andreikin und Dubov liegen knapp unter 2700 und haben die Abbildung in der Spitzenliste nicht geschafft.
4. Das Leben in Russland ist härter geworden, und darunter hat wohl auch die Schachkultur gelitten.
Bei den Frauen ist die Lage noch mal anders: hier dominieren eindeutig die Chinesinnen. Die Top5 der Weltrangliste kommen alle aus China! Das ist eine totale Dominanz! Die früher so erfolgreichen Georgierinnen liegen nur noch auf Platz 3, knapp hinter Indien. Doch dann kommen immerhin die Ukraine (die Muzychuks!) und die Russinnen (unter der Ersatzföderation FID). Hierzu ist allerdings zu sagen, dass Kosteniuk jetzt unter Schweizer Flagge spielt und Badelka seit neuestem unter österreichischer. Die einzige Frau, die sich noch „traut“ unter russischer Flagge zu spielen, ist Kateryna Lagno!
Hier der Blick auf die Top 30 der Frauen:
Bei den Frauen liegt das Durchschnittsalter etwas niedriger bei 30 Jahren, wobei Ex-Weltmeisterin Kosteniuk neben Javakhishvili schon die Älteste ist! Größtes Talent ist übrigens die erst 15-jährige Chinesin Miaoyi Lu! Vielleicht wird sie eines Tages um die Weltmeisterschaft kämpfen.
Wenn man die Sportarten so betrachtet spielt die BRD nur noch im Bob und Schlitten eine führende Rolle.
Im Schachsport lässt die BRD spielen für die Bundesliga, wenn nötig unter der FIDE -Flagge.