
Am kommenden Wochenende finden bei der zentralen Endrunde im bayrischen Deggendorf die letzten drei Bundesligarunden statt. Wie zuletzt 2018 in Berlin spielen die Schachbundesliga und die Frauenbundesliga die letzten Runden gemeinsam aus, nachdem es in den letzten beiden Jahre nur bei den Damen eine zentrale Endrunde in Bad Königshofen gegeben hatte.
Alle Partien werden live ins Internet übertragen, unter anderem bei Chess.com, aber auch bei Lichess oder Chessbase. Weitere Informationen zur zentralen Endrunde gibt es auf der Seite des Ausrichters SC Deggendorf, der die Endrunde aus Anlass seines 100-jährigen Jubiläums ausrichtet.
Frauenbundesliga
Für Titelverteidiger Schwäbisch Hall (siehe Titelbild und auch die Vereinsseite) geht es in der Frauenbundesliga nur noch darum, Platz 3 gegen die Verfolger aus Hamburg und Rodewisch zu verteidigen. Mit 11-5 Punkten ist der Meisterschaftszug längst abgefahren. Verlustpunktfrei an der Tabellenspitze steht der SC Bad Königshofen, zwei Punkte dahinter lauert die OSG Baden-Baden auf einen Ausrutscher der bisher sehr stabil auftretenden Unterfränkinnen, die sich gegen Rodewisch, Hamburg und Harksheide sogar noch ein Unentschieden leisten können. Vor allem die Bad Königshofener Polinnen, insbesondere Neuzugang Karina Cyfka mit 6,5/7 Punkten, spielen bisher sehr stark. Ihre Stärke bei kurzen Bedenkzeiten zeigte kürzlich Aleksandra Maltsevskaya, als sie in Monaco Blitz-Europameisterin wurde. Daher wäre es eine Überraschung, wenn Bad Königshofen den 2-Punkte-Vorsprung vor Baden-Baden nicht über die Ziellinie bringt.
Für Schwäbisch Hall geht es zunächst gegen Reisepartner Deizisau (Freitag, 25. April 16:00) und hier möglicherweise gegen einige alte Bekannte, stehen doch im Deizisauer Aufgebot mit Lilit Mkrtchian, Jovana Rapport und Evgeniya Doluhanova gleich drei ehemalige Haller Spielerinnen, wobei ein Einsatz von Lilit Mkrtchian eher unwahrscheinlich erscheint, spielte sie doch diese Saison noch gar nicht. Auch wenn die letzten Haller Auftritte nicht sonderlich überzeugend waren, ist man gegen Deizisau, das im bisherigen Saisonverlauf ebenfalls keine Bäume ausgerissen hat, Favorit. Ganz klar ist die Schwäbisch Haller Favoritenrolle in der vorletzten Runde gegen den Tabellenvorletzten Bayern München (Samstag, 26. April 14:00), bevor in der letzten Runde (Sonntag 27. April 10:00) das Prestigeduell gegen Baden-Baden ansteht.
Der Baden-Badener Kader ist der hochkarätigste der Liga: Vorne gemeldet sind die beiden indischen Olympiasiegerinnen Divya Desmukh und Rameshbabu Vaishali, deren noch bekannterer Bruder Rameshbabu Praggnanandhaa, Anfang Januar Sieger beim prestigeträchtigen Tata-Steel-Turnier, voraussichtlich ebenfalls in Deggendorf für Tabellenführer Düsseldorf in der Schachbundesliga ans Brett gehen wird. Beide Inderinnen spielen allerdings im indischen Phune beim erst kurz vor der Bundesligaendrunde zu Ende gehenden Grand Prix, daher ist zu bezweifeln, dass sie sich gleich danach nur für die letzten Bundesligarunden in den Flieger nach Deutschland setzen werden. Damit ist zu erwarten, dass der Baden-Badener Kern aus den deutschen Nationalspielerinnen Elisabeth Pähtz, Dinara Wagner und Josefine Heinemann besteht. Außerdem belegten Teodora Injac (Serbien) und Mai Narva (Estland) gerade erst die Plätze 1 und 3 bei der Europameisterschaft in Rhodos und bewiesen damit ihre zurzeit starke Verfassung. Auch der Einsatz von Exweltmeisterin Alexandra Kosteniuk, nach wie vor eine Weltklassespielerin, ist zu erwarten.
Aber auch die Schwäbisch Haller Spielerinnen waren bei der Europameisterschaft in Rhodos gut in Form. Irina Bulmaga gewann Silber und erreichte damit den größten Erfolg ihrer bisherigen Karriere, und mit Nino Batsiashvili, Lela Javakhishvili, Deimante Cornette und Sophie Milliet landeten vier weitere Haller Spielerinnen unter den Top-15 und qualifizierten sich für den nächsten Worldcup im Herbst.
Spannung verspricht der Abstiegskampf in der Frauenbundesliga. Es stehen noch einige direkte Duelle der Mannschaften am Tabellenende aus. Es ist damit zu rechnen, dass die Mannschaften aus Dippoldiswalde, Löberitz, München und Hemer die drei Absteiger unter sich ausmachen. Geringe Abstiegsgefahr besteht aufgrund des schweren Restprogramms noch für Harksheide und Deizisau.
Schachbundesliga
Gerade in der Schachbundesliga, die ja eigentlich eine gemischte Liga ist, ist in Deggendorf ein großes Staraufgebot zu erwarten. Aufgrund der gleichzeitig stattfindenden Frauenbundesliga ist nicht mit einem größeren Frauenanteil unter den 16 Mannschaften zu rechnen. Zwar ist auch hier die Meisterschaft so gut wie entschieden. Düsseldorf führt mit drei Punkten Vorsprung vor Titelverteidiger Viernheim die Tabelle an, Baden-Baden folgt einen Punkt dahinter auf Platz 3. Doch ist zu erwarten, dass gerade der designierte Meister aus Düsseldorf alle seine Starspieler an den Start bringt. Ein Indiz dafür, dass die indischen Superstars um Weltmeister Gukesh und seine Kollegen Erigaisi und Praggnanandhaa den Weg nach Deggendorf finden, ist, dass sich Chessbase India mit einer Delegation angekündigt hat. Viernheim will, wenn es schon mit der Titelverteidigung nicht klappt, zumindest versuchen, den direkten Vergleich mit Düsseldorf zu gewinnen. Daher ist auch hier mit Bestbesetzung zu rechnen, vielleicht sogar mit dem weltweit bekanntesten Schachstreamer Hikaru Nakamura. Fehlen wird aus terminlichen Gründen Magnus Carlsen bei St. Pauli. Auch in der Schachbundesliga gibt es noch Spannung im Abstiegskampf, auch wenn Kiel nach seinem Rückzug schon als erster Absteiger feststeht. Für die verbleibenden zwei Abstiegsplätze kommen noch 6 Mannschaften infrage.
Franz-Jittenmeier-Gedächtnispreis der Frauenbundesliga
Schon seit der Saison 2013/14 wird in der Frauenbundesliga der Preis für die beste Spielerin und die beste U23 Nachwuchsspielerin vergeben. Der Preis wurde von Raymund Stolze und Franz Jittenmeier als Schachtickerpreis aus der Taufe gehoben und besteht aus Kunstwerken, um deren Bereitstellung sich über die Jahre hinweg Raymund Stolze kümmerte. Nach dem Tod von Franz Jittenmeier, Betreiber des Schachtickers, Ende 2024 wird der Preis ab diesem Jahr als Franz-Jittenmeier-Gedächtnispreis vergeben. Dieses Jahr erhalten beide Siegerinnen je zwei Originalgraphiken der Künstlerin Elke Rehder, die ihren Lebensmittelpunkt in Barsbüttel nahe Hamburg hat, zu Stefan Zweigs Schachnovelle.
Wie immer gewinnt die Spielerin mit dem besten prozentualen Saisonergebnis bei mindestens 8 gespielten Partien. Gesucht werden die Nachfolgerinnen von Lela Javakhishvili (Schwäbisch Hall), die auch diese Saison noch aussichtsreich im Rennen um den Preis liegt, und Machteld van Foreest (Solingen), die nicht mehr auf die benötigten 8 Partien kommen kann. Am besten im Rennen liegen aktuell für den allgemeinen Preis Karina Cyfka (Bad Königshofen, 6,5/7) und für den Nachwuchspreis Eline Roebers (Hamburg, 5/6), beide müssen aber in Deggendorf antreten, um noch auf die notwendigen 8 Partien zu kommen.

Erste Siegerinnen waren in der Saison 2013/14 Valentina Gunina und Anastasia Savina (beide Bad Königshofen). In beiden Kategorien konnte bisher nur Hanna Marie Klek (Deizisau, 2017 und 2021) gewinnen. Gleich zweimal gewannen Lela Javakhishvili (Schwäbisch Hall, 2018 und 2024), sowie Ekaterina Atalik (Schwäbisch Hall, 2022 und 2023). Mit dem perfekten Score von 9/9 gewann 2017 Deimante Daulyte-Cornette (Schwäbisch Hall).