Turniersaal im Congress-Centrum: Blick auf das Foyer. Photo: Zeller
Ein Vorbericht von IM Frank Zeller
Nur noch knapp zwei Wochen! Am 2. Jänner ist es wieder soweit: die SG Schwäbisch Gmünd lädt zu einer neuen Auflage des Staufer Opens ein.
Seit 1989 richtet der Verein auf der Schwäbischen Ostalb das Schachfestival aus. Es ist die bereits 36. Auflage des Traditionsturnier, das in den letzten Jahren mit einigen Neuerungen aufwartete. Lange war das Staufer Open ohne Wernfried Tannhäuser, den Vater des Events, nicht vorstellbar. Bis zur 34. Ausgabe schulterte er hauptverantwortlich die Veranstaltung und zog sich hernach aus Altersgründen zurück. Leider verstarb er letztes Jahr kurz vor der Adventszeit, eine traurige Nachricht. Doch das Open, sein Vermächtnis, läuft und läuft! In bewährter Frische und mit kleinen Neuerungen leitet seit letztem Jahr Nachfolger Andreas Strohmaier die Organisation und weiß einen festen Stamm von Helfern aus dem Verein um sich.
in Spitzenzeiten fanden über 500 Teilnehmer den Weg zum Congress-Centrum Stadtgarten, das dem Open ein glanzvolles Ambiente verleiht. Das Spiellokal besticht durch viel Platz im Saal sowie im Foyer, in dem analysiert werden kann. Essen und Getränke werden ebenfalls angeboten.
Ich habe bei fast allen Turnieren mitgespielt. Für mich ist es kaum anders denkbar, als dass das neue Jahr mit einer Fahrt nach Schwäbisch Gmünd, der alten Staufer-Stadt im Remstal, rund 50 Kilometer östlich von Stuttgart gelegen, beginnt.
Das Turnier hat mich so durch einen Großteil meines Lebens begleitet, viele Erinnerungen verbinden mich mit den zahlreichen Teilnahmen. Bei der Erstauflage 1989 war ich noch Zivildienstleistender, später spielte ich viele Jahre lang für meinen Gmünder Verein in der Oberliga Württemberg. Als 2002 die Währung umgestellt wurde, gab ich die ersten Euros aus meinem „Starterkit“ in einer Bäckerei in Gmünd nahe des Fünfknopfturmes, der Zentrum und Stadtgarten verbindet, aus.
2003 war eines der wenigen Jahre, in denen ich dem Turnier fernblieb – bleiben musste: meine Tochter wurde am 4. Januar geboren! Für die „Kleine“ ist es bis heute eine schwere Hypothek, denn seither habe ich jedes Turnier (bis auf eine erzwungene Coronapause) in Gmünd mitgespielt und sie an ihren Geburtstagen höchstens kurz gesehen. An ihrem 23. Geburtstag in Bälde wird das kein Deut anders sein – aber sie kennt es nicht anders, sieht es mir nach und kommt mittlerweile ohnehin gut ohne mich zurecht:)
2013 gelang mir endlich, was ich mir bei jeder Auflage vornehme: einmal den großen Wurf landen! Damals lief alles fantastisch, wie im Flow, obgleich ich nebenbei noch viele soziale Kontakte pflegte und abends ausging wurde ich geteilter Turniersieger und erfüllte eine GM-Norm.
Kein Wunder wirkt bei so vielen „Neuanfängen“ alles vertraut, und kaum spaziere ich die ersten Meter durch den Stadtgarten, fühlt es sich an, als wäre ich keinen Tag weggewesen.
Doch ist es immer wieder ein emotionales Hochgefühl, zum ersten Mal die große Marmortreppe hinunter ins Foyer zu steigen und auf die Massen an Schachspielern zu blicken, die sich dort in freudiger Erwartung eingefunden haben und auf den Startschuss warten.
Die bekannten Gesichter werfen mir ein freundliches „a guats Nuis!“ zu (ostalb-schwäbisch für „ein gutes Neues Jahr“), meist auch mit ausgiebigem Händeschütteln verbunden, was zum Schach wohl gehört, zu Coronazeiten freilich ein wenig in Diskredit geriet, aber unverdrossen und erfolgreich wiederbelebt wurde.
„Wo man Freunde trifft“ ist das treffliche Motto des Turniers und ein wichtiger Aspekt auch bei meiner Teilnahme. Viele Freunde und alte Weggefährten treffe ich dort, etliche, die ich nur einmal im Jahr sehe. Gesichtet werden aber auch vermehrt jüngere Spieler seit beim A-Open der Fide-Baku-Modus angewandt wird, ein beschleunigtes Auslosungsverfahren, das bereits von Beginn an stärkere Gegnerschaft garantiert. Attraktiv ist dies für allem für diejenigen, die Normen machen wollen oder auf satten Elozuwachs aus sind.
Die Rahmenbedingungen im Kongresszentrum sind bekanntermaßen vorzüglich. Im terrassenförmigen Saal findet jeder Tisch ausreichend Platz bei viel Luft nach oben. Die Spitzenbretter sind unten vorne angesiedelt, sie werden ins Internet übertragen. Reichliche Holzbretter und Holzfiguren sind vorhanden.

Neun Runden in viereinhalb Tagen ist kein Zuckerschlecken. Das Programm ist eng getaktet, da muss jeder mit seinen individuellen Kräften haushalten. Da Schwäbisch Gmünd durchaus auch Abwechslung bietet – sei es kulinarisch oder als frühere freie Reichsstadt kulturell-historisch; seit der Landesgartenschau 2014 sind zahlreiche Ecken hübsch aufbereitet – ist gut abzuwägen, wie man die überschaubare Freizeit am ehesten verbringen will: beim Vorbereiten an Handy oder Rechner? Oder lieber beim geselligen Zusammensitzen mit Freunden, gern auch mit Partieanalysen abends in den Kneipen wie etwa beim Hinz und Kunz, wo ich bevorzugt mit Kumpels unter den Einheimischen zu sitzen pflege.
Flanieren ist gut, aber Priorität hat für den Schachler das Essengehen: ob beim Mexikaner, Chinesen, Inder, Italiener oder beim Griechen – Gruppen von Schachspielern trifft man in diesen Tagen im Stadtzentrum überall, auf Schritt und Tritt. Alles ist fußläufig und bequem zu erreichen. Der Stadtgarten liegt gleich im Anschluss ans Zentrum und an den Bahnhof, zwei Einkaufspassagen sind in der Nähe, so dass sich das bisweilen harte Programm pragmatisch-angenehm absolvieren lässt.
Unter https://www.sgem-gmuend.de/staufer-open findet man Näheres im Netz und kann sich auch anmelden für A- oder B-Open (Unter 2000 DWZ/ELO).
Bislang (Stand 19. 12.) sind rund 550 Spieler und Spielerinnen angemeldet. Das großzügige Raumangebot weist indes eine Obergrenze von 620 Teilnehmern Kapazität auf. Somit kann noch aufs Programm aufgesprungen werden, die kurzentschlossen Schachfreunde sollten sich eher sputen und sich anmelden, bevor das Angebot von Plätzen oder Zimmern erschöpft ist; empfehlenswert ist das größte deutsche Schachopen über die Winterferien allemal!