
Symbolbild Doppelkopf: KI-Bild Dall-E
Zur kommenden Bundesligaversammlung am 6. September in Kassel stellt Reinhard Ahrens (vom Hamburger Schachklub 1830) als Vizepräsident des Schachbundesliga e.V. folgenden interessanten Antrag zur Änderung des Spielmodus (natürlich nur für die erste Liga), der hier in verkürzter Form vorgestellt wird:
Ausgehend von immer wieder mit unterschiedlichen Argumenten und Zielen vorgetragener Kritik am Spielmodus der Schachbundesliga soll hiermit ein an die Doppelkopf-Bundesliga angelehnter Spielmodus vor- und zur Diskussion gestellt werden.

Vor konkreten Überlegungen zu einer möglichen Einführung bedarf es einer eingehenden Erörterung von Vor- und Nachteilen, die hiermit angestoßen werden soll.
„System Doppelkopf“
Gespielt wird wie in der Schachbundesliga mit 16 Vereinen in einem einrundigen Vollrundenturnier. Gespielt werden nicht mehr an sieben, sondern an fünf Wochenenden in vier Vierergruppen je drei Runden. Die ersten vier Wochenenden werden dezentral mit je einer Ausrichtung durch jeden Verein gespielt, das letzte Wochenende wird als zentrale Veranstaltung mit der Meisterschaftsentscheidung ausgetragen.
Zur Klassifizierung der Vereine (Gruppen A bis D) wird eine Setzliste der 16 Vereine nach der Durchschnitts-ELO der eingesetzten Spieler in der vorherigen Saison gebildet. So ist gewährleistet, dass an den ersten vier Wochenenden an jedem Spielort einer der vier Top-klassifizierten Vereinen antritt und am letzten Wochenende diese vier Verein gegeneinander spielen.
Was spricht dafür?
- Es werden lediglich fünf statt sieben Wochenende benötigt. Die Terminfindung wird vereinfacht.
- An jedem Wochenende finden jeweils drei Runden statt: (wie bisher: Fr: 16:00 / Sa: 14:00 / So: 10:00).
- Die Bereitschaft von Spitzenspielern zur Teilnahme dürfte gesteigert werden.
- Der Reiseaufwand pro Saison (nur an 5 statt 7 WE unterwegs) wird reduziert.
- Die Reisekosten pro Saison werden zum Teil reduziert.
- Übernachtungskosten pro Saison können bei Anreise am Freitag (5 x 2 Übernachtungen) reduziert werden, bleiben bei Anreise am Donnerstag (5 x 3) stabil.
- Die im derzeitigen System mögliche Bevorteilung und/oder Benachteiligung einzelner Vereine durch die Reisepartner-Pärchen-Bildung wird aufgehoben.
- Alle Vereine werden hinsichtlich der Ausrichtung von Heim-Wochenende gleichbehandelt (genau ein Wochenende für jeden Verein)
- Die Entscheidung, an einem Wochenende mit einem A-Team und an einem anderen Wochenende mit einem B-Team anzutreten, wird Vereinen erschwert, wenn eine „Klumpenbildung“ von starken oder schwachen Vierergruppen.
Was spricht dagegen?
- Die Schachbundesliga zeigt sich an nur fünf Wochenende pro Jahr den Fans.
- Bisherige genutzte Spiellokale sind oft an Freitagen nicht verfügbar.
- Berufstätige Spieler müssten ggf. Urlaubstage investieren.
- Thema: Anreise am Donnerstag (Punkt vom Verfasser ergänzt)
Bis hierhin ist weitgehend der Originaltext (mit leichten Abwandlungen) wiedergegeben. Nun folgt die Einrdnung aus Sicht eines erfahrenen und langhrigen Bundesligaspielers und Mannschaftsführers.
Unsere Meinung dazu: zunächst einmal ist es erstaunlich, dass der bisherige Spielmodus, der 45 Jahre in der 1. Bundesliga Bestand hatte, in Frage gestellt wird.
Auf den zweiten Blick muss man allerdings einräumen, dass vieles dafür und relativ wenig dagegen spricht. Die Spieler, soweit sie Profis sind, freuen sich, wenn sie mehr Partien spielen, und mehr Geld bekommen. Außerdem können sie dann an den freien Wochenenden (zwei Wochenenden weniger) andere Turniere spielen. Die Vereine freuen sich natürlich, wenn sie weniger Reisekosten haben, und bei nahegelegenen Wettkämpfen auch Übernachtungskosten einsparen können. Insgesamt wird der Terminplan entzerrt, und es gibt auch weniger Kollisionen mit anderen hochklassigen Turnieren. Zugleich wird nicht das ganze System der über Monate gestreckten Bundesliga aufgegeben. Und die Verteilung ist tatsächlich gerechter, weil jeder Verein, genau ein Heimwochenende erhält.
Die Gegenargumente sind ebenfalls aufgelistet. Wir denken, das erste ist eher zu vernachlässigen, denn mehr als einen Heimkampf kann man normalerweise nicht erwarten. Wir meinen, da sollten auch die Sponsoren mitgehen.
Spiellokal und Helfer am Freitag verfügbar?
Das zweite Argument ist allerdings schwerwiegend: was macht ein Verein, wenn er am Freitag das Spiellokal nicht bekommt? Zum Beispiel wenn in einer Schule gespielt wird, oder sagen wir in einem Firmenraum, der nur am Wochenende bereitgestellt wird. Dann ist die Not groß! Nun gut, man kann sagen, wenn erst ab 16 Uhr gespielt wird, und man meinetwegen ab 14 oder 15 Uhr aufbauen kann (die automatische Übertragung muss ja gewährleistet werden, und das dauert etwas), dann würde es noch funktionieren. Aber was passiert, wenn nicht? Dann hat der Verein definitiv ein Problem! Und noch ein Problem: der Verein muss am Freitag aufbauen, dann müssen die Helfer aber auch am Freitag frei haben!
Das Problem der Urlaubstage
Nun zum dritten Punkt: einen Urlaubstag am Freitag zu nehmen, sollte für jeden Arbeitnehmer und jeden Arbeitgeber zumutbar sein, allerdings wären es ja dann bis zu 5 Urlaubstage pro Jahr, die man auf diese Weise nimmt, wenn man in allen Partien eingesetzt wird. So weit, so gut. Nur ist es jetzt schon so, dass die Teams in der Regel am Freitag zur Bundesliga anreisen, weil von den meisten Spielern eine Anreise am Spieltag als zu anstrengend empfunden wird. Wenn also nun die Runde am Freitag beginnt, wenn auch erst um 16 Uhr, dann wird unweigerlich die Diskussion in der Mannschaft auftreten, dass einige Spieler (nicht alle) schon am Donnerstag Nachmittag anreisen möchten. Als erfahrener Mannschaftsführer wissen wir wovon wir sprechen, es gab in der Vergangenheit schon mehrfach Stress bei dem Thema. Auch das kann man aber durchaus lösen, indem zum Beispiel vier von acht Spielern am Donnerstag anreisen und die vier anderen am Freitag. Das selbe gilt übrigens für die Schiedsrichter!
Alles in allem finden wir den Vorschlag durchaus interessant, und man muss Reinhard Ahrens dankbar sein, dass er ihn eingebracht hat, wir denken aber, dass bei genauer Abwägung die Nachteile die Vorteile eher überwiegen. Denn sowohl Spieler (Berufstätige) als auch Vereine (mit angemietetem Spiellokal) geraten dadurch unter Druck.
Die Bundesliga muss sich mal entscheiden, wo sie ihre Prioritäten setzen möchte. Entweder will man die stärkste Liga der Welt sein, dann braucht es Profis und die Spielordnung muss in erster Linie deren Interessen folgen, oder man möchte in erster Linie eine Liga der stärksten deutschen Amateure sein. Wer beides in Einklang bringen möchte, wird immer nur zu halbgaren Lösungen kommen.
En kritischer Punkt ist tatsächlich, für Freitag nachmittag nicht nur die Spieler zu finden, sondern auch die Helfer. Genannt wurde der Aufwand mit dem Aufbau der Elektronik. Eine kleine Lösung wäre, am Freitag nur die Technik für den Schiri-Tisch zu installieren, nicht aber die Anschlüsse der DGT-Bretter (zumindest als Notlösung, wenn die Zeit knapp ist). Das „grosse Geschirr“ könnte dann am Samstag für den Rest des Wochenendes angelegt werden.
EIn anderer Punkt: Einige Vereine richten gerne Heimspiel-Wochenenden aus, andere eher nicht. Vielleicht könnte vor Beginn der Saison umgefragt werden, wer gerne wieviele Wochenenden bei sich hätte.
Viele Grüße, Ingo Althöfer.
Interessanterweise wurde dieser Modus (ohne zentrale Schlussrunde) bereits im Schach-Echo 24/1967 (also lange vor Gründung der Bundesliga) von Herbert Schaller (Hannover) vorgeschlagen.
Meines Erachtens hat der Modus noch einen weiteren Vorteil, der im Artikel nicht genannt wird: In dem unerfreulichen Fall, dass durch einen späten Rückzug nur 15 Mannschaften am Start sind, ist bislang der Reisepartner besonders stark betroffen – bei dem alternativen Modus ist das nicht der Fall.
Generell achtet man schon auch auf die Interessen von Amateuren, deshalb auch keine Blockveranstaltung wie in diversen anderen Ländern (aktuell Spanien und Türkei, jeweils international besetzt – auch Deutsche darunter).
Zum neuen Vorschlag müssen sich nun die Vereine positionieren, welche Mehrheit ist eigentlich für Einführung erforderlich? Wenn Anfang September entschieden wird sind zukünftige Absteiger (wen auch immer es dann erwischt) stimmberechtigt, zukünftige Aufsteiger (da noch nicht bekannt) dagegen nicht.
„Die Bereitschaft von Spitzenspielern zur Teilnahme dürfte gesteigert werden.“ Das glaube ich eher nicht bzw. es liegt ja auch an der Bereitschaft von Vereinen (Sponsoren/Mäzenen), gehobene Honorare auch dann zu zahlen wenn man die Spieler nicht unbedingt braucht. Spitzenteams spielen nun zunächst jeweils gegen ein bis zwei Mannschaften, die voraussichtlich im Mittelfeld landen, sowie ein bis zwei Abstiegskandidaten. Erst am letzten Wochenende treffen sie aufeinander.
Bisher waren die absoluten Spitzenspieler am ehesten gegen Spitzenteams präsent, vielleicht noch an Heimwochenenden wo sie eigenen Fans präsentiert wurden. Siehe z.B.
– bei Viernheim letzte Saison Abdusattorov nur gegen Baden-Baden, Deizisau, Solingen und Düsseldorf, Duda nur die ersten beiden dieser Matches. Saison zuvor Abdusattorov an beiden Heimwochenenden, Nakamura nur am zweiten (war auch zentrale Runde mitten in der Saison)
– bei Baden-Baden Firouzja und Aronian nur gegen Viernheim, Heimbach-Weis-Neuwied (war halt dasselbe Wochenende), Düsseldorf und Solingen, Anand nur das zweite dieser Wochenenden. Saison zuvor Anand und Aronian nur in der zentralen Runde (Reisepartner Ötigheim, Viernheim und Deizisau
– bei St. Pauli Carlsen nur an einem der Heimwochenenden.
Bei Düsseldorf waren Brett 7 Giri und dahinter Brett 10-15 de fakto die Stammspieler, so reichte es um Meister zu werden.
Nächste Saison wird interessant, wann Deggendorf Neuzugang Erigaisi einsetzt (wenn überhaupt, vielleicht ist er ja nur Papiertiger): zu Beginn am Heimwochenende und/oder später gegen Abstiegskonkurrenten (Runde 7+8 SF Berlin und Dresden wäre eine Option)?