
Heute besprechen wir Trainingshandbücher vor allem für den Nachwuchsbereich. Die folgenden Bände sind meist ein Gemeinschaftswerk von GM Thomas Luther und Heinz Brunthaler, auch wenn auf dem Einband meist nur Thomas Luther steht, aber im Kapitel liest man dann oft als Verfasser Brunthaler, der wohl auch die treibende Kraft hinter den Projekten war. Um es vorab zu sagen: alle fünf Bücher haben uns sehr gut gefallen, sind glänzend geschrieben und gehen vielseitig an das Thema heran, und bieten ein ausgezeichnetes Preis-Leistungs-Verhältnis! Hinzu kommt noch, dass alle gebunden und trotzdem erschwinglich sind.
Den Autor Brunthaler als Vielschreiber zu bezeichnen, wäre eine gelinde Untertreibung, denn eine Recherche bei Euroschach fördert 50 Treffer seiner Werke zutage, wobei es teils (nur) Arbeitshefte und teils Bücher sind. Man geht wohl nicht fehl, wenn man behauptet, dass er einer der produktivsten Schachbuchautoren Deutschlands, wenn nicht sogar der Welt ist.

Beginnen wir die Renzension mit den Hand- und Arbeitsbüchern für den Schachtrainer, Band 1 bis 3, alle erschienen 2020 und 2021 im Jugendschachverlag.
In Band 1 werden die Grundlagen des Schachtrainings erklärt, was das Buch so interessant macht, sind die Einschübe, zu Beispiel über Schachpsychologie (Seite 110 bis 120). Aber natürlich werden auch die allgemeinen Grundlagen erklärt Den Hauptteil des Buches stellen dann die taktischen Motive dar, wie Gabel, Abzugsschach, Hinlenkung und so weiter, mit entsprechenden Übungsstellungen. Und wieder kommt ein Einschub, diesmal über die Geschichte des Schachs (Seite 212 bis 230). Das macht das Buch abwechslungsreich und lesefreundlich.
In Band 2 geht es dann um Schachstrategie, und fortgeschrittene taktische Motive wie Linienöffnung, Röntgenangriff Wieder kommt ein Einschub, Schachpsychologie, Teil 2, Seite 85 bis 134, offensichtlich ein Hobby von Heinz Brunthaler.

Auf Seite 96 wird das Thema Frauenschach untersucht, hier geht es um die aktuelle Frage, wieso so viel weniger Frauen im Schach aktiv sind als Männer, und wieso sie im Schnitt deutlich schlechtere Elo-Zahlen haben als Mäner. Damit sprengt der Einschub eigentlich schon das Thema des Buches (Schachtraining allgemein), aber er ist sehr spannend zu lesen… Wieder abgeholt wird der Leser dann bei der psychologischen Stärken- und Schwächenanalyse. Im Anschluss gibt es ein Kapitel über medizinische Aspekte im Schach von Dr. Pietzko. Und danach geht es munter weiter mit dem spannenden Thema Remis und dessen Ausprägungen (Patt, Dauerschach, Zugwiederholung, Blockade). Und wieder folgt ein Einschub, diesmal Schachgeschichte, Teil 2, sowei zum Abschluss der Bereich Trainingsmethoden (Seiten 238 bis 274) .

Band 3 fokussiert sich vor allem auf Trainingsstellungen, die der Trainer seinen Schülern als Aufgabe mitgeben kann. Und er enthält einen Anhang zu verschiedenen Themen, die in Band 1 oder 2 keinen Platz gefunden haben Hier hat mich die Theorie der Pärchenbildung von Regina Grünberg am meisten interessiert, da es in meiner schachlichen Entwicklung genauso war. Regina meint, dass eine der erfolgreichsten Strategien für die Verbesserung der Spielstärke die Bildung eines Spielerpärchens ist, also in der Regel von zwei jungen Spielern, die sich verbessern möchten. Spannend ist auch der Beitrag davor, nämlich das Psychogramm des Schachmeisters. Hier wird aufgelistet, welche Eigenschaften man haben sollte, um ein erfolgreicher Schachspieler zu werden, und es sind nicht wenig!
Ein weiteres Trainingsbuch aus
Das U10-Projekt (2017) vom GM Luther (Hrsg.)dem Hause Luther / Brunthaler ist das U10-Projekt, erschienen 2017 im Jugendschachverlag, das anhand der Jugendmeisterschaften in Willingen anhand einer Stichprobe systematisch untersucht,
wie die schachlichen Fähigkeiten der Kinder reifen, bzw. welche Fehler gemacht werden. Hier werden auch Fehler präsentiert, die in den verschiedenen Altersklassen gemacht werden, uns da sträuben sich natürlich oft die Haare. Aber alles aus der Praxis!Der eigentliche Verdienst des Buches liegt wohl darin, dass es erstmals aufzeigt, wie die schachliche Entwicklung von Kindern verläuft-
Für mich am spannendsten war der Abschnitt Wunderkinder von Thomas Luther im hinteren Teil des Buches.
Ansonsten möchten wir auf dieses Buch nicht weiter in der Besprechung eingehen, da der Fokus auf dem nächsten Werk liegt.
Als das „Hauptwerk“ von Heinz Brunthaler ist ohne Zweifel das 2024 erschienene Buch „SchachTraining“ (Untertitel: Entwicklung, Inhalte, Methoden & Ideen und Anregungen für die Praxis), das man geradezu verschlingen kann. Vom Format her ist es größer als die Hand- und Arbeitsbücher, und auch etwas dicker, nämlich 370 Seiten. Hier sollte man einschieben, dass die drei zuvor besprochenen Bände den Leser bereits mit 3 x 286 Seiten, also in Summe über 850 Seiten beglücken, und dass das U10-Projekt auf gut 250 Seiten kommt. In Summe reden wir also bei den 5 Bänden von fast 1.500 Seiten. Unmöglich, eine solche Materialfülle detailliert zu besprechen!
Wir wollen es bei diesem Werk dennoch versuchen. Das theoretische Fundament für das Schachtraining bildet bei Brunthaler die Einteilung in 5 Spielklassen A bis E von Elo 1000 bis 2000, die unterschiedlich trainiert werden müssen.
Im Anschluss folgen ganz komprimiert die Abschnitte
- Bereiche des Schachspiels und die Trainingsformen
- Techniken und Methoden zur Verbesserung des Schachtrainings
- Schachpsychologie und Mentaltraining, sowie Cheating und Doping
- Talent und Talententwicklung
SchachTraining von Heinz Brunthaler (2024) - Schach im Internet / Diverses
Man muss dazu ergänzen, dass im Buch sehr viel Text steht, der gelegentlich von erläuternden Diagrammen durchbrochen wird, vielleicht hätte es der Sache gedient, wenn noch mehr Grafiken eingeschoben worden wären, oder das Ganze etwas aufgelockerter präsentiert würde. Aber auch die Kompaktheit hat natürlich ihre Vorzüge.
Was auch an dem Buch heraussticht ist der Bezug auf andere Autoren, die sich bereits zum Thema Schachtraining positioniert haben, wobei dann die Textauszüge oft auf englisch (ohne Übersetzung) wiedergegeben werden. Grundverständnis der englischen Sprache wird somit vorausgesetzt. Aber es ist eben wichtig, die vorhandenen Instanzen und Autoritäten im Trainingsbereich zu zitieren und zu reflektieren, um ein rundum gelungenes Werk zu schaffen.
Was das Buch besonders wertvoll macht, ist der Umstand, dass es trotz der zahlreichen theoretischen Bezüge sehr praxisnah bleibt Man merkt sofort: hier spricht ein erfahrener Trainer, der wohl etwa 40 oder 50 Jahre seines Lebens dem Schachtraining in all seinen Formen gewidmet hat. Und dabei auch verschiedene Wege gegangen ist, und nicht stur die immergleiche Trainingsmethode angewendet hat.
Besonders gut gefallen haben uns die Abschnitt zur Bedeutung der Analyse, und der Nutzen des Blindspiels im Training. Auch die Verbalisierung ist ein spannender Ansatz, d.h. der Schüler wird gebeten, die Stellung oder die Partie zu laut zu „besprechen“, was gedankliche Klarheit schafft.
Besonders rührend fanden wir die Geschichte eines talentierten Zuschauers, der aus Sicht von Brunthaler erkennbares Schachtalent aufwies, und den er mit einfühlsamen und wirkungsvollen Trainingstechniken in kurzer zeit von etwa 2 Jahren auf ein ansehnliches Niveau gehoben hat, mit anderen Worten, er hat mit viel Einsatz eine dürstende Seele für das Schachspiel gewonnen.
Zum Abschluss dieser ausführlichen Rezension möchten wir dem Autor bzw. den Autoren unsere Bewunderung und Anerkennung für diese wertvollen Beiträge zum Jugendschachtraining aussprechen. Man merkt, dass nicht ur sehr viel Erfahrung, sondern auch viel Liebe zum Schachtraining in die Bücher eingeflossen ist!
Die Bücher können natürlich über unseren Partner, die Chess Tigers bezogen werden.
G. Hertneck, 21. Juni 2025
Als Autor und C-Autor möchte ich – auch im Namen von Thomas – Gerald ganz herzlich dafür danken, diese gewaltige Anstrengung der Durchsicht unserer fünf Titel unternommen zu haben.
Ich möchte noch einige Punkte ergänzen.
Das „Hand- und Arbeitsbuch“ enthält Arbeitsblätter mit Taktikaufgaben, die 1-2 Trainingsjahre abdecken. Sie können und dürfen mit Genehmigung des Verlags direkt aus den 3 Bänden kopiert werden, wodurch die Anschaffung von Broschüren etc. nicht mehr nötig ist.
Tatsächlich gilt mein besonderes Interesse der Schachpsychologie, die ganz besonders im unteren Spielstärkebereich wichtig ist, da sie erheblichen Einfluss auf die Entwicklung des Spielers hat. Leider finden wir zwar in vielen Lehrgängen einen Vortrag über richtige Ernährung bei Turnieren, aber keinen über Schachpsychologie. Ich hoffe, mit meinen Beiträgen diese Lücke verkleinert zu haben.
Trainer bin ich tatsächlich seit 60 Jahren. In der Mittelstufe startete ich an meiner Schule im Alleingang eine schachgruppe. Wir wollten an der Schulschach-Mannschaftsmeisterschaft unserer Stadt teilnehmen, hatten aber nur 2 Klubspieler. Also mussten einige Kameraden für die Bretter 3 und 4 trainiert werden, was auch erfolgreich gelang. Seitdem war ich in vielen Vereinen als Jugendwart / -Trainer ehrenamtlich tätig. Hätte ich damals bloß ein Buch über Trainingsmethoden gehabt – wieviel besser wäre meine Arbeit gewesen!
Unserer Bücher richten sich aber nicht nur an Trainer, sondern auch an alle, die sich z.B. im akademischen Bereich mit Schach befassen, so u.a. für Diplomarbeiten und Dissertationen. Wenn Schach einmal ein Schulfach werden soll ist geeignete Literatur für die Lehrerausbildung nötig, was die Enthusiasten gerne übersehen.
Im Handbuch und auch in „SchachTraining“ stecken jeweils mehr als 1.000 Arbeitsstunden. Es war eine gewaltige Anstrengung, aber uns lag das Thema am Herzen. Wer sich für ähnliche Projekte interessiert kann sich gerne an mich wenden.
„Das U10-Projekt“ wurde auch ins Englische übersetzt.
Ich möchte auch dem JugendSchachVerlag Dresden, dem Geschäftsführer Matthias Graul und seinem Mitarbeiter Sascha Heise ganz herzlich danken, die die Veröffentlichung dieser Titel erst möglich gemacht haben. Selbst bei abgespeckter Kostenrechnung muss man schon Optimist sein, um Kostendeckung zu erwarten. Der Verlag zeigte hier echten Idealismus.
Das Gymnasium Ohlstedt in Hamburg ist seit 2016 Deutsche Schachschule.
Wir unterrichten Schach als normales Unterrichtsfach in der Mittelstufe. Außerdem existie-ren Schach AGs.
Als wichtige Grundlage für den Unterricht orientierten wir uns an den hier vorgestellten Bü-chern – was eine große zusätzliche Hilfe für uns war (die beiden unterrichtenden Lehrkräfte verfügen über ein Rating von 1700 und knapp 2000).
Warum? Hier sprechen Praktiker zu uns, die Erfahrung haben mit Schachspielern des unte-ren und mittleren Niveaus (was bei den meisten Büchern auf dem Markt (leider) nicht der Fall ist).
Da wir (natürlich) auch an vielen Turnieren teilnehmen, sind auch die schachpsychologi-schen Teile sehr von Nutzen.
Gerade auch für Schachlehrer und -pädagogen ist das Buch SchachTraining sehr von Nutzen und kann (muss) unbedingt empfohlen werden. Es sollte Standardwerk in jedem Schachver-ein sein!
Für die Schulpraxis (aber natürlich auch für die Vereinspraxis) sehr förderlich sind die Kapi-tel Trainingsinhalte für die jeweiligen Spielstärkenklassen sowie Ideen, Techniken & Me-thoden zur Verbesserung des Schachtrainings.