
Den Großmeister Artur Jussupow kenne ich seit Anfang der 90er Jahre, als er nach Deutschland kam, und hier von Käptn Heinrich Jellissen für die Schach-Bundesligamannschaft vom FC Bayern verpflichtet wurde. Artur war schon damals eine beeindruckende Gestalt mit seinem großem Kopf und seinem blonden Haarschopf.
Neulich spielte ich ein paar ältere Partien aus der Sowjetischen Meisterschaft nach und stellte fest, wie gut Artur mit allen sowjetischen Großmeistern mitgehalten hat, was zu der Zeit sicher keine Kleinigkeit war!
Für Artur stand wohl nie außer Frage, was er in Deutschland beruflich machen wollte: Schachautor (oft zusammen mit Dworetzki), Schachspieler, und vor allem Schachtrainer. Und auf diesem Gebiet würde er sich einen großen Ruf erwerben. Schon Ende der 90er Jahre sagte er mir in einem Interview: In Deutschland wird zu wenig für Schachtraining getan. Und er hatte recht, und es hat sich total geändert.
Auch ich trainierte ein oder zwei Wochenenden mit ihm, manchmal durfte ich eine Aufgabe lösen, oder wir blitzten ein bisschen, oder unterhielten uns über mein Schach. Ich weiß es noch wie heute: am Ende der Sitzung meinte er zu mir (auf englisch): ich sehe viele Schwächen bei dir. Nun, ich war damals, es war 1993 oder 1994 meine höchste Spielstärke erreicht, und war einer der besten deutschen Großmeister. Aber meine schachliche Grundausbildung war als Autodidakt nicht gut genug. Und tätsächlich kam das Training auch zu spät, denn ich war schon 30. Also führten wir es nicht fort.
Was mir dann nicht so gefallen hat, und was wir damals auch diskutiert haben, dass er zur deutschen Föderation wechselte. Ich verstand natürlich, dass Deutschland sein neuer Lebensmittelpunkt war, aber in der Praxis bedeutete da nichts anderes, als dass künftig ein Platz weniger in der Deutschen Nationalmannschaft zu vergeben war, und genauso kam es auch. Und wer war auf einmal nicht mehr mit dabei? Der Großmeister Hertneck. Naja, vergeben und vergessen!
Wenn man über Artur spricht, dann darf man seine Frau Nadja nicht vergessen, die inzwischen zur Frauenreferentin im deutschen Schach avanciert ist, und sich auf diesem Gebiet sehr engagiert. Besonders das neue Mädchenförderprojekt von Artur und Nadja ist beeindruckend. Also, alles Gute euch beiden! Ihr seid vielleicht das wichtigste Schachpaar Deutschlands neben Dennis und Dinara Wagner!
München, den 13. Februar 2025
Gerald Hertneck