
Die Nachricht schlug gestern ein wie eine Bombe: zum 30. Juni beendet der Deutsche Schachbund die Zusammenarbeit mit dem Bundestrainer der Frauen, GM Yuri Yakovich. Hier ein paar Auszüge aus der Pressemitteilung:
„Der Beschluss fiel in einer Präsidiumssitzung: Der Deutsche Schachbund und der Bundestrainer der Frauen, GM Yuri Yakovich, gehen zum 30. Juni 2025 getrennte Wege. Der russische Großmeister hatte das Amt im Juli 2021 übernommen und seitdem einige Erfolge erreichen können. Er sei „zu jeder Zeit von den Spielerinnen respektiert worden“, betonte DSB-Sportdirektor Kevin Högy. „Wir danken Yuri Yakovich für alles, was er für den DSB und unsere Frauen-Nationalmannschaft geleistet hat“, erklärte DSB-Präsidentin Ingrid Lauterbach. An die Adresse von Yakovich sagte sie: „Alle sind sich einig, dass Du sehr gute Arbeit geleistet hast.“ Lob gab es zum Abschied auch noch einmal von den Nationalspielerinnen.“
In seiner Amtszeit „wurden die Mannschaftsergebnisse bei Team-EM und Olympiaden wieder besser, in seine Zeit fallen auch die Goldmedaille von WGM Jana Schneider und die Silbermedaille von GM Elisabeth Pähtz bei den Schacholympiaden 2022 und 2024. Er sei zudem maßgeblich verantwortlich für die Integration von IM Dinara Wagner ins Team, so Högy, heute eine klare Stütze und die kommende Nummer eins. Kurzum: „Yuri war immer ansprechbar, immer nahbar und immer top engagiert.“
Zum Abschied betonte der Bundestrainer: „Die Zusammenarbeit mit der deutschen Frauen-Nationalmannschaft in den vergangenen vier Jahren hat mir viel Freude bereitet. Ich wünsche allen Spielerinnen viel Freude und Erfolg bei allen Mannschafts- und Einzelwettbewerben.“
Doch wie geht es nun weiter? Das wichtige Amt des Trainers sollte schnell besetzt werden, denn in der zweiten Jahreshälfte im Oktober steht ja die Mannschaftseuropameisterschaft in Batumi an. Der Deutsche Schachbund hat hierzu mitgeteilt, dass der Bewerbungsprozess beginnt. Man muss abwarten, ob hier noch eine öffentliche Ausschreibung kommt. In jedem Fall sollte aus Sicht des Autors ein erfahrener Trainer und Großmeister übernehmen.
Hoffentlich gibt es eine ordentliche Abfindung.
Egal ob das wörtlich oder sarkastisch gemeint ist: es ist wohl nicht der Fall, da ein auslaufender Vertrag nicht verlängert wurde.
Was aus der Pressemitteilung hier nicht zitiert wird: „Der DSB hatte in den Verhandlungen zum neuen Vertrag für Yakovich auf einige Änderungen gedrängt. Diese kamen zum Teil für Yakovich nicht infrage.“ Was sich dahinter verbirgt, darüber wurde offenbar Stillschweigen vereinbart – „gekündigt“ ist auch etwas missverständlich.
https://perlenvombodensee.de/2025/05/09/der-unmoegliche-spagat-bundestrainer-yuri-yakovich-muss-gehen/
Das ist die Version von Conrad Schormann, wobei er den zweiten Absatz mit „Nach Informationen dieser Seite …“ beginnt. Wenn das zutrifft deutet der Schachbund die wahren Gründe offiziell allenfalls an aber hat sie Conrad Schormann verraten. Der offizielle Tenor ist „man trennt sich als gute Freunde und Ingrid Lauterbach bedauert, dass keine erneute Einigung erzielt wurde“. Derlei gibt es auch im Berufsleben oder in der „großen Politik“.
Eben hat der Bericht ließt sich so als ob der Vertrag gekündigt worden ist. Nicht verlängert ist eine ganz andre Situation.
Formal mögen Sie recht haben, inhaltlich aber nicht. Es ist richtig, dass der Vertrag zum 30.06. auslief. Da Yuri aber die Bedingungen für eine Verlängerung des Vertrags nicht akzeptiert hat, kann man die Beendigung des Vertrags mit gutem Grund als (ordentliche) Kündigung ansehen.
Wichtiger als die genauen Gründe und ob „keine Verlängerung des Vertrags“ dasselbe ist wie eine Kündigung aus meiner Sicht, und ohnehin meine Standard-Frage: „Wie geht es nun weiter?“ Wer wird der neue Bundestrainer? Trainerin ist wohl unwahrscheinlich, oder etwa neue Rolle für Elisabeth Paehtz denkbar?
Wie man diese Person findet – Bewerbungen werden entgegen genommen, vielleicht werden auch einige direkt kontaktiert, vielleicht gibt es eine offizielle Ausschreibung – ist ein Punkt. Wer Interesse hat – angesichts eventuell unrealistisch hoher Erwartungen kann es ein Schleudersitz sein? – ist auch ein Punkt. Was für einen „Menschen“ will man? Der gemütliche Yuri Yakovich, bester Kumpel der Spielerinnen, war wohl auch Gegenpol zum „strengen“ Dorian Rogozenco, nun irgendwas „zwischendrin“? Spielerinnen (oder in anderem Kontext Spieler) sollten den Trainer „respektieren“ (war vielleicht, nun lange her, bei Uwe Bönsch nicht der Fall), fürchten sollten sie ihn dabei nicht …. oder doch ein bisschen?
Der Schachbund zitiert Kevin Högy auch mit „Das kann auch in Kombination mit psychologischen Programmen des DOSB Hand in Hand gehen.“ Ich sah „als Zuschauer aus der Ferne“ Probleme zuletzt bei der Frauen-EM auch im außerschachlich-mentalen Bereich, da kann ein Schach-Experte nicht unbedingt helfen.
Wie gesagt, die Frage ist auch wer Interesse hat. Denkbar wäre aus meiner Sicht auch eine Interim-Lösung bis zur Mannschafts-EM im Oktober, und erst danach eine Dauerlösung – kann dann auch dieselbe Person sein.
Nach Rücksprache mit Ingrid Lauterbach wird eine offizielle Ausschreibung noch kommen.
Einen Bundestrainer fest zu verpflichten wäre zu diskutieren. Andere Modele sind eventuell auch denkbar und flexibler.
Was mich überrascht ist, dass der Leistungssportreferent des Deutschen Schachbundes offenbar auch überrascht war von der Meldung. Die Frage ist also, welche Aufgabenverteilung es im Schachbund im Leistungssport gibt. Gerald könnte dazu für etwas mehr Transparenz sorgen und zumindest seine Verantwortlichkeiten erläutern. Richtig ist, dass es beim DSB ganz viele Köche im Leistungssport gibt. In der Sache hat sich, wenn man dem Bodensee folgt, der Schachbund auf elegante und in gewisser Weise unehrliche Art und Weise eines „russischen“ Bundestrainers entledigt. Das war ohnehin überfällig.
Zur Info: Ich war schon eingebunden, aber grundsätzlich sind Personalentscheidungen Sache des Präsidiums. Auch trage ich Interna nicht nach außen.